Es gehört zu Bayern wie Weißwurst und das Oktoberfest: das Weißbier. In der Staatsbrauerei Weihenstephan wird es seit Jahrhunderten gebraut. Mönche und die Fastenzeit spielten hierbei auch eine nicht unwichtige Rolle.

Sprecher:
Es gehört zur Lebenskultur in dem südlichen deutschen Bundesland. Das weltgrößte Volksfest, das Oktoberfest, wäre ohne es undenkbar. Es ist „urbayrisch“: das Weißbier. Es gibt viele Brauereien, in denen es produziert wird. Die „Bayerische Staatsbrauerei Weihenstephan“, die in der Nähe von München auf einem Hügel liegt, gibt an, die älteste unter ihnen zu sein. Sie beruft sich auf eine entsprechende aus dem Jahr 1040 stammende Urkunde, deren Echtheit allerdings umstritten ist. Etwa 300 Jahre zuvor soll der Legende nach der Grundstock für die spätere Bierproduktion gelegt worden sein. Bedienstete des Bischofs Korbinian sollen sich damals beschwert haben, dass sie Wasser mühsam aus dem Tal auf den Weihenstephaner Berg schleppen mussten. Bei einem Spaziergang am Südhang des Berges soll der Bischof seinen Spazierstock in die Erde gestoßen haben. Kurz darauf soll Quellwasser herausgesprudelt sein. Und dies brachte die Mönche des Benediktinerklosters später auf die Idee, Bier zu brauen. Wer etwas darüber und über die Bierherstellung erfahren will, macht eine etwa zweistündige Führung durch die Brauerei mit. Dabei erfährt er zunächst von Braumeister Frank etwas über eine wichtige Voraussetzung bei der Herstellung des Bieres, beim Einbrauen:

Frank:
„Das Reinheitsgebot ist – sag ich mal – ausschlaggebend dafür gewesen, dass das Bier halt in entsprechender Qualität eingebraut wird. Und auch die Erfahrung, die wir hier unten haben in Bayern über Jahrhunderte beginnen mit den Klöstern, mit den Klosterbrauereien, die ist einzigartig.“

Sprecher:
Frank weist daraufhin, dass das sogenannte Reinheitsgebot die Voraussetzung für die Qualität ist, ausschlaggebend ist. Das deutsche Reinheitsgebot schreibt seit 1918 in Bayern und seit 1952 in ganz Deutschland vor, welche Zutaten beim Bierbrauen verwendet werden dürfen. Grundlage dafür war eine bayerische Verordnung aus dem Jahr 1516. Die besagte, dass „reines“ Bier nur aus Gerste, Hopfen und Wasser bestehen darf. Später wurde auch Weizen erlaubt. Und die Mönche des Klosters hier unten – wie Frank unter Anspielung auf die geographische Lage Bayerns sagt –, begannen, Bier zu brauen. Da Bier besonders nahrhaft ist, tranken sie es auch während der Fastenzeit. Denn während das Essen in der Fastenzeit verboten war, traf das nicht aufs Trinken zu. Schwerpunkt der Produktion in Weihenstephan war und ist das Hefeweißbier. Max, der „Brauwesen“ studiert und Besucher durch die Brauerei führt, weiß noch manche Geschichte aus der Vergangenheit zu erzählen:

Max:
„Es hält sich im Wesentlichen hartnäckig das Gerücht in der Bevölkerung, dass die früher gepanscht hätten mit Bilsenkraut, Stechapfel, Meerträubel, Tollkirsche. Der wesentliche Hauptgrund war aber letztlich der – ganz einfach –, dass mansehr schlechte Ernten hatte und Weizen als Brotgetreide eigentlich rar war. Da hat man gesagt: ‚Ihr könnt da Gerste nehmen‘ – das ist halt, ja, Futtergetreide, relativ geringer Proteingehalt, zum Brotbacken eignet sich’s fast gar nicht – ‚das könnt ihr nehmen‘. Und das hat man auch nicht für die Bevölkerung gemacht, das hat man natürlich nur fürs Heer gemacht. Die Heerführung hat gesagt, die Jungs müssen was zu Beißen haben, sonst wird das nix. Deswegen müsst ihr das halt so machen.“

Sprecher:
Bis etwa ins 13./14. Jahrhundert war die Bierherstellung in Bayern nicht fest geregelt. Es wurde auch auf Bauernhöfen produziert und den jeweiligen Grundherren als Abgabe geliefert. Erst dann begannen die Herrscher, entsprechende Regeln aufzustellen. Dazu gehörte unter anderem, dass in Zeiten von Missernten, als der kostbare Weizen knapp, rar, war, die Bauern angewiesen wurden, nur Gerste zum Bierbrauen zu verwenden. Wie Max erzählt, wurde der Bevölkerung erklärt, dass der vorhandene Weizen für Brot benötigt würde, mit dem die Soldaten versorgt werden sollten. Denn die Heerführung war der Meinung, dass besonders diejenigen, die für die Landesverteidigung verantwortlich sind, etwas zu essen, etwas zu Beißen haben, mussten – wie er es umgangssprachlich formuliert. Und Gerste sei, so die Begründung damals, wegen des geringen Eiweißgehalts dafür ungeeignet. In privaten Küchen wurde das nährstoffreiche Bier trotzdem heimlich hergestellt. Allerdings wurde es wahrscheinlich gepanscht, also mit Zutaten versehen, die nicht hineingehörten. So sollen – um die berauschende Wirkung zu bekommen – Pflanzen wie Bilsenkraut, Stechapfel, Tollkirsche und Meerträubel beigemischt worden sein. Max betont, dass es sich dabei um ein Gerücht handelt. Da es aber sehr glaubwürdig klingt, hat es sich sehr lange, hartnäckig, gehalten. Heutzutage ist davon keine Rede mehr. Das Weißbier aus Weihenstephan ist ein Exportschlager, besonders in einigen Ländern, wie Braumeister Frank sagt:

Frank:
„In Ländern, wo die Leute sehr offen sind und Feierlaune haben, da geht viel Weißbier. Das ist also erstaunlich. Also, Mittelmeerraum, auch Spanien, Italien, Israel vor allem, da geht sehr viel Weißbier.“

Sprecher:
In Ländern, in denen die Menschen aufgeschlossen, offen, sind und gerne feiern, wird das Weißbier aus Bayern gut verkauft, oder wie Frank es umgangssprachlich formuliert: „Da geht viel“. Und das hat nach den Erfahrungen der Ethnologin Simone Egger auch einen bestimmten Grund:

Simone Egger:
„Bier ist sicherlich mehr als nur ein Getränk, weil’s auch für eine bestimmte Art der Lebensform steht. Mit Bayern wird natürlich Gemütlichkeit und Ähnliches verbunden. Aber das Bier hat natürlich hier auch ‘nen kommunikativen Aspekt: Weil es gibt die großen Wirtshäuser, es gibt die Biergärten, wo ich auch gemeinsam hingehen kann. Und nicht zuletzt ist das Oktoberfest ja auch das größte Bierfest der Welt. Es kommen im Grunde alle zusammen, um Bier zu trinken.“

Sprecher:
Biertrinken, besonders in Gemeinschaft anderer, steht nach Ansicht von Simone Egger für ein bestimmtes Lebensgefühl: Dazu zählt Gemütlichkeit, aber auch der Wunsch, Spaß zu haben und neue Menschen kennenzulernen. Es erfüllt somit auch einen kommunikativen Aspekt, Menschen kommen etwa in Biergärten, in Wirtshäusern oder in den Bierzelten des Oktoberfestes miteinander ins Gespräch. Und dabei spielen ihrer Ansicht nach gesellschaftliche Positionen oder die Herkunft, das Milieu, keine Rolle mehr:

Simone Egger:
„Vielleicht funktioniert das Bier auch so gut, weil es natürlich ja in gewisser Weise alle anspricht, alle Schichten und Milieus – und der Konsum gewissermaßen alle eint.“

Sprecher:
Und so ist das auch bei den Biertrinkern. Biergenuss ist Biergenuss, obwohl Weißbier – wie mancher Besucher der Brauerei am Ende der Führung feststellt – doch etwas Besonderes ist:

Brauereibesucher:
„Das Prickeln in diesem Weißbier, das ist so erfrischend. Und man kann also dann mit diesem schönen hohen Glas ganz gemütlich sitzen und genießen.“

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