Karneval gehört zum deutschen Brauchtum. Die sogenannte „fünfte Jahreszeit“ ist aber auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. So verdienen etwa Unternehmen und Städte mit dem Karneval jedes Jahr sehr viel Geld.

Sprecher:
Karneval, Fasching beziehungsweise Fastnacht zu feiern, bedeutet unter anderem, Spaß zu haben, sich zu kostümieren und zu schminken. Der Karneval leistet aber auch einen Beitrag zur Wirtschaft eines Landes. Nach Angaben des Bundes Deutscher Karneval (BDK) geben Karnevalisten in Deutschland jedes Jahr Milliarden Euro aus. In der Karnevalssaison 2010/2011 war es mehr als eine Milliarde Euro. Unter dem Dach des BDK sind rund 4.700 Karnevals- und Fastnachtsvereine mit insgesamt etwa 2,6 Millionen Mitgliedern organisiert. Karnevalisten geben Geld nicht nur während der fünf Tage zwischen Weiberfastnacht und Fastnachtsdienstag aus. Die Karnevalszeit, die Session, dauert viel länger, wie Professor Dr. Jan Wiesecke, Leiter des Lehrstuhls Marketing an der Ruhr- Universität in Bochum, feststellt:

Jan Wieseke:
„Die Session ist ja lang, und auch die Vorbereitung ist schon lang. Das heißt, es gibt gar nicht so viele Monate, in denen kein Karneval existiert. Insofern ist es für manche Branchen ‘ne Ganzjahresveranstaltung. In Richtung Alleinstellungsmerkmal ist natürlich das allererste Merkmal ‚Verkleidung‘, wo der Karneval – vielleicht noch leicht angefochten durch Halloween, aber das ist nicht wirklich vergleichbar – wichtig ist.“

Sprecher:
Die Session beginnt eigentlich schon im November. Am „Elften im Elften“ wird die sogenannte närrische Zeit eröffnet. Und bis zur Zeit des Straßenkarnevals im Februar oder März wird das produziert, was Karnevalisten so alles brauchen. Dazu gehören etwa Kostüme und das sogenannte „Wurfmaterial“, wie Süßigkeiten, Werbeartikel, kleine Kuscheltiere. Etwa 3.000 deutsche Unternehmen mit mehr als 40.000 Mitarbeitern leben inzwischen ganzjährig vom Geschäft mit dem Karneval. Unter marktwirtschaftlichem Aspekt steht der Karneval in Deutschland für Professor Jan Wieseke beinahe ohne Konkurrenz da. Er hat ein Alleinstellungsmerkmal. Die Stellung des Karnevals wird seiner Meinung nach nur etwas bedroht, leicht angefochten, durch Halloween, das am Abend des 31. Oktober gefeiert wird. Auch dann kostümieren sich die Menschen. Es sind aber nicht nur die in Vereinen organisierten Karnevalisten, die redensartlich tief in die Tasche greifen. Auch Millionen Touristen geben Geld aus: Sie übernachten in Hotels und Pensionen, sie gehen essen, sie kaufen ein. Marktwirtschaftlich gesehen gibt Professor Jan Wiesecke zu bedenken:

Jan Wieseke:
„In der Region, wo Karneval groß ist, muss man das nicht vermarkten. Aber das touristische Element, was ja auch ‘ne große Einnahmequelle ist für die Region und für die Städte, wo Karneval groß gefeiert wird, ist das natürlich schon wichtig, das immer wieder auch ins Gedächtnis zu rufen. Und da ist natürlich auch noch ‘n großes Potenzial.“

Sprecher:
Professor Jan Wiesecke findet, es sei nicht nötig, in den Karnevalsstädten wie Köln, Düsseldorf und Mainz, wo besonders stark gefeiert werde, für das Fest Werbung zu machen, es zu vermarkten. Die Menschen dort würden es kennen. Man solle aber immer daran denken, sich ins Gedächtnis rufen, welche Bedeutung der Karneval marktwirtschaftlich hat. Er sieht Tourismus als Bestandteil, Element, des Systems „Karneval“. Touristen stellen für ihn ein großes Potenzial dar, eine bedeutende Größe, und sind eine Einnahmequelle, eine Möglichkeit, Geld zu verdienen. Vom Karneval profitieren auch Städte sowie die umliegenden Gemeinden. Die Gewerbesteuereinnahmen steigen. Die Gewerbesteuer muss in Deutschland jeder, der ein Unternehmen führt und Gewinn macht, ab einer bestimmten Obergrenze an die Stadt oder Gemeinde zahlen. Die Gewerbesteuer ist eine der wichtigsten Einnahmequellen einer Stadt oder Gemeinde. Nicht nur Städte und große Unternehmen, sondern auch kleine Geschäftsbereiche, Branchen, können nach Ansicht von Professor Jan Wieseke vom Karneval profitieren:

Jan Wieseke:
„Es gibt natürlich weitaus größere umsatzträchtigere Branchen, aber insbesondere Nischenmärkte wie eben Kostümanfertigung, für die ist es relevant. Aber auch größere Branchen wie Getränkehersteller im hochprozentigen Bereich beispielsweise, für die ist das sehr, sehr interessant, sich gerade auch in diesen Zeiten zu positionieren.“

Sprecher:
Professor Jan Wiesecke ist der Meinung, dass Karneval besonders für Unternehmen wichtig, relevant, ist, die in einem Nischenmarkt sind. Sie bieten Waren oder Dienstleistungen an, die nur von einem bestimmten Kundenkreis oder zu einer bestimmten Zeit nachgefragt werden. Dazu gehören auch Unternehmen, die Karnevalskostüme herstellen. Sie machen nur zu einer bestimmten Zeit ihren Umsatz, verkaufen ihre Waren. Anders sieht das mit Firmen aus, die das ganze Jahr über ihre Waren anbieten. Sie sind umsatzträchtiger, verkaufen also mehr. Dazu gehören für Professor Jan Wiesecke auch Getränkehersteller, die hochprozentigen Alkohol verkaufen. In Deutschland gelten Getränke, die einen Alkoholgehalt von 30 Prozent und mehr haben, als hochprozentig. Besonders zu Karneval, wo sehr viel Alkohol getrunken wird, könnten diese Firmen auf dem Markt auch eine wichtige Stellung einnehmen, sich positionieren. Nach Einschätzung von Professor Jan Wiesecke gibt es aber ein noch größeres Potenzial, Karneval zu vermarkten:

Jan Wieseke:
„Weil Karneval ja vom Grundsatz her unkonventionell ist und auch gegen existierende Traditionen aufgekommen ist. Und insofern ist die Neuerfindung von Karnevalselementen sicherlich ‘ne Möglichkeit für Marketingmöglichkeiten von neuen Zielgruppen, die im Moment noch gar nicht auf dem Radar sind.“

Sprecher:
Karneval ist für Professor Jan Wiesecke eigentlich, vom Grundsatz her, ein Fest, bei dem gesellschaftliche Regeln und Normen, Konventionen, nicht beachtet werden. Es ist unkonventionell. Auch würde sich die Art und Weise, wie Karneval, Fasching und Fastnacht heutzutage gefeiert würde, von der ursprünglich bestehenden Tradition unterscheiden. Es sei gegen existierende Traditionen entstanden, aufgekommen. Die alemannische Fastnacht beispielsweise diente dazu, böse Geister zu vertreiben. Karneval war unter anderem eine Art fröhliche Vorbereitung auf die 40-tägige Fastenzeit vor Ostern. Unternehmen können nach Ansicht von Professor Jan Wiesecke außer den bekannten Zielgruppen noch weitere erreichen, an die sie derzeit noch nicht denken, die noch nicht auf dem Radar sind. Metaphorisch wird hier die Tätigkeit eines Fluglotsen aufgegriffen, der auf seinem Radarschirm die Flugzeugbewegungen verfolgt. Es gibt also redensartlich „noch viel Luft nach oben“.

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