Der Kölner Verein „Körbe für Köln“ möchte das Selbstvertrauen von Jugendlichen, die in sozial schwierigen Verhältnissen leben, durch Sport stärken. Auf dem Basketballplatz wird aber nicht nur Teamgeist gelernt.

Sprecher:
Lernen, das bedeutet nicht nur, sich Wissen anzueignen. Es heißt auch, sogenannte „Softskills“ zu beherrschen, also zu wissen, wie man miteinander umgeht, wie man seinen Ärger abbaut oder wie man eine eigene Persönlichkeit entwickelt. Das ist beispielsweise in Sportvereinen möglich. Viele Boxvereine und auch Fußballvereine haben Themen wie Integration, Respekt und Sozialverhalten bewusst in ihr Programm aufgenommen. Allerdings haben besonders Jugendliche, die etwa aus sozial schwachen Familien kommen, oft Hemmungen, in einen Sportverein einzutreten. Diese Erfahrung hat Sascha Alexandra Luetkens von der Deutschen Sporthochschule in Köln gemacht, die das Projekt „Körbe für Köln“ mitinitiierte. 2002 wurde der gleichnamige Verein gegründet. Er hat laut Sascha Alexandra Luetkens ein wichtiges Ziel:

Sascha Alexandra Luetkens:
„Unser Ziel ist, gerade bindungsarme Jugendliche auch zu erreichen. Es ist wirklich so,
dass häufig Sozialarbeiter und so Berufsberater auch sagen: ‚Wir kommen an unsere Zielgruppe nicht ran.‘ Und über den Sport bekommt man ja einfach ‘n schnellen und sehr offenen Zugang und auch ‘ne Vertrauensbasis. Und ganz, ganz häufig ist es schon so, dass die sich unseren Teamern dann einfach auch öffnen – ob das schulische Probleme sind, es können auch familiäre Probleme sein. Aber es können auch berufsorientierende Probleme – also schon mit Blick auf die Zukunft – sein.“

Sprecher:
In Kölner Problemvierteln hatten Sozialarbeiter festgestellt, dass Jugendliche, die keine Beziehungen zu Familie und Freunden hatten, die bindungsarm waren, ihre Hilfe nicht annehmen wollten. Sie erreichten sie nicht, kamen nicht an sie ran. Sozialarbeiter bemühen sich im Auftrag staatlicher oder privater Institutionen darum, Menschen mit Problemen zu helfen und ihre Verhältnisse zu verbessern. Die Jugendlichen erzählten weder den Sozialarbeitern noch Berufsberatern etwas über ihre Probleme zum Beispiel mit der Familie oder in der Schule. Sie öffneten sich ihnen nicht. Bei den sogenannten Teamern des Vereins „Körbe für Köln“ sehe das anders aus, sagt Sascha Alexandra Luetkens. Der aus dem Englischen übernommene Begriff bezeichnet eine Person, die darin ausgebildet ist, eine Gruppe von Personen mit unterschiedlichem Hintergrund zur Zusammenarbeit zu bewegen. Die Teamer des Vereins sind in mehreren Kölner Stadtteilen engagiert, die als sogenannter sozialer Brennpunkt gelten. Dazu gehört auch Köln-Mülheim, wo sehr viele sozial schwache Familien. Hier bietet der Verein Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen zwölf und 25 Jahren an, zweimal die Woche mit einem Teamer auf einem Streetballplatz Basketball zu spielen. Einer von ihnen ist Stefan, der von den Jugendlichen „Jackson“ gerufen wird. Er gibt den jungen Leuten das weiter, was er gelernt hat, als er hier selbst noch als Kind spielte:

Stefan:
„Ja, also das Wichtigste bei uns ist natürlich, dass hier alle respektvoll miteinander umgehen. Und dass es hier keine Streitereien gibt, dass hier alle ‘n vernünftigen Umgangston pflegen. Hier soll keiner beleidigt oder beschimpft werden, sich keiner ausgegrenzt fühlen.”

Sprecher:
Für Stefan ist die Art und Weise, wie die Jugendlichen miteinander sprechen, wie sie sich untereinander verhalten, sehr wichtig. Er legt Wert auf einen vernünftigen Umgangston, der gepflegt wird. Die Redewendung bezeichnet ein höfliches, gutes Benehmen. Das Training auf dem Platz ist sehr locker. Wenn alle versammelt sind, werden ein paar Wurfübungen gemacht. Dann stellen die Jugendlichen ihre Teams selbst zusammen und bestimmen einen Schiedsrichter. So sollen sie Eigenverantwortlichkeit ebenso lernen wie die Tatsache, dass Regeln in einer Gemeinschaft notwendig sind und anerkannt werden müssen. Wenn es doch mal unterschiedliche Meinungen gibt, haben die Spieler gelernt, ihrem Ärger Luft zu machen, ohne zu beleidigen. Fast alle, die hier spielen, haben Probleme in der Schule oder auch mit ihrem sozialen Umfeld. Die hatte Peter nach seinem Umzug von Duisburg nach Köln auch, wie er erzählt:

Peter:
„Ich hab’ dann halt so Sachen nicht auf die Reihe gekriegt so in meinem Alltag, in meinem Leben halt. Wo mir dann auch hier Leute vom Platz – zum Beispiel der Jackson oder der Artur oder der Robert – mir in ‘n Arsch getreten haben und haben gesagt: ‚Du musst das machen, ey, so, sonst wird’s halt irgendwann kacke‘.“

Sprecher:
Peter hat sein alltägliches Leben nicht organisiert bekommen, er hat es nicht auf die Reihe gekriegt. So ist er beispielsweise nicht zur Schule gegangen. Teamer wie Stefan haben ihn motiviert und angetrieben, ihn – wie Peter es umgangssprachlich formuliert – in den Arsch getreten. Sie haben ihm klargemacht, dass er ohne „das“, ohne einen Schulabschluss, keine Zukunft hat. Die sähe dann richtig schlecht aus. Peter benutzt hier das in der Umgangssprache alternativ für „Scheiße“ gebrauchte derbe Wort „Kacke“. Um die Jugendlichen zu motivieren, arbeiten die Teamer– wie Stefan erzählt – mit positiven Beispielen:

Stefan:
„Da ist ja auch der große Vorteil beim Basketball, dass wir hier auch einige Leute haben, die ‘ne sehr gute Schulbildung haben und auch am Studieren sind. Dass man dann halt auch gut sagen kann: ‚Guck dir mal den Kevin an, guck dir mal den Artur an oder et cetera. Die studieren auch, du kannst das auch schaffen‘.“

Sprecher:
Manche, die hier auf dem Streetballplatz Basketball spielen, haben ihren Schulabschluss gemacht und studieren inzwischen. Hierfür verwendet Stefan eine in der Umgangssprache als „rheinische Verlaufsform“ bekannte grammatikalische Formulierung: am Studieren. Dabei wird ausgedrückt, dass eine Handlung oder ein Geschehen gerade abläuft, indem das Verb durch die Präposition „am“ substantiviert wird. Am Ball zu bleiben, weiterzumachen, selbst wenn es mal nicht so gut läuft – auch diese Eigenschaften lernen die Kinder und Jugendlichen auf dem Streetballplatz. Denn der Teamer lebt es vor: Das Training findet immer statt, auch bei Wind, Regen oder Schnee. So können sich die Jugendlichen darauf verlassen, dass immer jemand da ist. Und sie lernen zugleich, dass Regelmäßigkeit etwas Positives ist und zu Erfolg und Selbstbewusstsein führen kann. Und was meint Peter?

Peter:
„Ich glaub’, ich hab’ hier echt, sag’ ich mal so, Halt – ist schon krass zu sagen –, aber ich hab’ hier schon ‘ne Stütze bekommen, auf jeden Fall. Das ist echt schon ‘ne coole Basketball-Community.“

Sprecher:
Peter hat hier eine Gemeinschaft gefunden, die ihn unterstützt. Er hat eine Stütze bekommen. Und das empfindet er als außergewöhnlich, als krass. Ihm, wie auch vielen andere Jugendlichen hier, hat die „Community“ eine Familie und Zuversicht für die Zukunft gegeben.

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