Die Zeiten des Sparstrumpfs sind vorbei: Scheck- und Kreditkarte, Online- Banking, Leasing, Darlehen und Kredite – das alles ist für fast jeden Deutschen inzwischen vertrauter Alltag. Das war aber nicht immer so.

Sprecher:
Der Umgang mit Geld hat sich seit der Mitte des 20. Jahrhunderts deutlich verändert. Früher hatte das Bargeld eine größere Bedeutung. Heute halten wir nur noch einen Teil des Geldes, mit dem wir bezahlen, tatsächlich in den Händen. Wir zahlen mit Euroscheck- oder Kreditkarte und überweisen Geld von unserem privaten Girokonto mittels „Online- Banking“. Der Begriff „Girokonto“ stammt vom italienischen Wort „giro“. Das bedeutet so viel wie „Kreislauf“, „kreisen“. Denn auf diesem Konto ist ständig etwas los: Geld wird zugebucht oder abgebucht. Das Geld – und damit das Konto – sind „in Bewegung“. Heute ist es für uns selbstverständlich, dass wir unseren Verdienst, egal ob er als Lohn oder als Gehalt ausgezahlt wird, nicht mehr bar ausgezahlt, sondern bargeldlos überwiesen bekommen. Das war bis in die 1970er Jahre nur wenig verbreitet, erzählt Erich Hennen, der frühere Leiter einer Kölner Bank:

Erich Hennen:
„Man kann sagen, bis 1975 hatten eben nur wenige, sagen wir mal hauptsächlich Beschäftigte im Öffentlichen Dienst, Privatgirokonten, während die Mehrzahl durch Bargeld entlohnt wurde. Das Geld wurde dann praktisch im Strumpf verwahrt. Man kann sagen, viele Leute, die hatten dann ihr Töpfchen für Strom, für Miete, für Sonstiges. Und das wurde dann eingeteilt, weil man ja wöchentlich den Lohn bekam. Da musste man ja immer einen Teil davon wegtun, um am Ende des Monats die Miete zahlen zu können. Und 1975 da fing es ungefähr an, dass man auf die bargeldlose Zahlung umgestiegen ist.“

Sprecher:
Bis Mitte der 1970er Jahre war es laut Erich Hennen nicht üblich, ein Privatgirokonto bei einer Bank zu haben, auf das Geld eingezahlt wurde. Nur diejenigen, die im Staatsdienst, im Öffentlichen Dienst, arbeiteten, besaßen eines. Etwa im Jahr 1975 ging man erst dazu über, bei allen Arbeitern und Angestellten den Verdienst auf ein Girokonto zu überweisen. Man stieg – wie es Erich Hennen umgangssprachlich formuliert – auf bargeldlose Zahlung um. Bis dahin wurde der Lohn am Zahltag in einer Lohntüte, einem Umschlag aus Papier, von der Firma persönlich ausgehändigt. Arbeiter und Angestellte wurden gelöhnt. Und viele bewahrten dieses Bargeld zu Hause auf – im sprichwörtlichen Sparstrumpf. Und das Geld wurde eingeteilt. Für jeden Ausgabeposten gab es – bildlich gesprochen – einen kleinen Topf, ein Töpfchen. An die Zahltage kann sich Erich Hennens Ehefrau Elisabeth noch gut erinnern:

Elisabeth Hennen:
„Bei den Arbeitern war es ja so, die wurden wöchentlich freitags gelöhnt. Und da standen viele Frauen schon am Fabriktor, damit die Lohntüte der Männer nicht in der Wirtschaft verschwand. Es war aber doch vielfach so, dass die Männer freitags in die Kneipe gingen. Es gab auch viele Familien, wo die Frauen dann nachher die ganze Woche zusehen mussten, wie sie vielleicht durch Putzen sich wieder ‘n paar Mark verdienten, um ihre Kinder über Wasser zu halten.“

Sprecher:
Am Zahltag war es, wie Elisabeth Hennen erzählt, so, dass oft die Ehefrauen das Geld in Empfang nahmen. Denn mancher Mann ging gerne in die Gastwirtschaft, die Kneipe, er verschwand dort, und gab seinen Lohn dort aus. Weil oft das Geld zum Lebensunterhalt einer Familie nicht ausreichte, arbeiteten auch viele Frauen. Sie mussten – wie es Elisabeth Hennen ausdrückt – zusehen, dass sie ein paar Mark verdienten. Denn die Familie musste über Wasser gehalten werden, sie musste das Notwendigste zum Leben haben. Die in der Umgangssprache sehr gebräuchliche Redewendung „jemanden über Wasser halten“ verwendet das Bild eines Schwimmers, der eine andere Person vor dem Ertrinken rettet. Anders als heutzutage war es früher zudem üblicher, bei einem Bankangestellten an der Kasse Geld in bar einzuzahlen oder auch Rechnungen bar zu bezahlen. Bei manchen Banken führte das besonders am Monatsanfang, wenn Löhne und Gehälter ausgezahlt worden waren, zu Problemen. Erich Hennen erinnert sich:

Erich Hennen:
„Am Anfang des Monats, wenn diese ganzen Zahlungen fällig waren, war es bei der Sparkasse beispielsweise so gewesen, dass da so ‘ne lange Schlange war, dass man dann hingegangen ist und hat bei den Genossenschaften, um den Kassenverkehr zu entlasten, Räume gemietet. Und die Sparkassen stellten dann Ultimo-Kassierer ein. Das waren ehemalige Angestellte und Beamte, die dann für vier, fünf Tage eingesetzt wurden, um diesen Andrang zu bewältigen.“

Sprecher:
Manche Sparkassen hatten nicht genug Platz, um die vielen Menschen, die alle auf einmal kamen, aufzunehmen. Sie konnten den Andrang nicht bewältigen. Vor der Kasse bildete sich eine lange Menschenschlange. Mancherorts ging man dann hin, man entschied, bei anderen Bankinstituten, wie beispielsweise Genossenschaftsbanken, Räume anzumieten. Außerdem wurde für die Zeit zusätzliches Personal geholt: die sogenannten Ultimo- Kassierer. Unter „Ultimo“ versteht man im Bankwesen den letzten Geschäftstag eines Monats beziehungsweise eines Jahres. Nicht nur aus diesem Grund, sondern auch weil das „Lohntüten“-Verfahren mit viel Aufwand und einem Sicherheitsrisiko verbunden war, begann man in den 1970er Jahren, dieses Verfahren zu ändern, erzählt Erich Hennen:

Erich Hennen:
„Dann ist man eben dazu übergegangen und hat mit Daueraufträgen und so weiter diesen Publikumsverkehr vermindert. Jeder konnte sich dann ein Girokonto anlegen, sei es, dass er nun so schlecht beleumundet war, dass man davon Abstand nehmen musste. Aber ich kann mich an keinen Fall erinnern.“

Sprecher:
War die Eröffnung eines Girokontos bis in die 1970er Jahre nur einer bestimmten Gruppe vorbehalten, änderte sich das. Nun konnte jeder Angestellte oder Arbeiter eines eröffnen, mit einer Ausnahme: Wenn jemand einen schlechten Leumund hatte, also nicht vertrauenswürdig war. Eine Erleichterung im Zahlungsverkehr für Unternehmen und Bankkunden war die Möglichkeit, Daueraufträge einrichten zu können. Das bedeutet, dass Zahlungen zu festgelegten Terminen automatisch durchgeführt werden. Und wenn man nicht genug Geld hatte, konnte man es sich von der Bank leihen. Man nahm ein Darlehen auf. Allerdings brauchte ein Darlehensnehmer damals jemanden, der für ihn bürgte. Bürgt jemand bei Bankgeschäften für eine Person bedeutet das, dass der Bürge für die Schulden dieser Person haftet. Er muss sie zurückzahlen. Damals kam es aber seltener als heutzutage vor, dass Darlehen aufgenommen wurden, wie sich Elisabeth Hennen erinnert:

Elisabeth Hennen:
„Die Leute haben sehr ungern Darlehen aufgenommen. Das war schon ‘n bisschen anrüchig. Früher hat man von diesen Leuten angenommen, sie können nicht mit ihrem Geld auskommen und können nicht rechnen. Man hat dann davon gesprochen, es wird abgestottert. Waren ja auch sehr kleine Raten. Es blieb ja nie viel Geld übrig am Ende des Monats.“

Sprecher:
Ein Darlehen aufzunehmen, war laut Elisabeth Hennen anrüchig, es hatte einen schlechten Ruf. Denn Darlehensnehmer galten als Menschen, die nicht sparsam waren. Wer ein Darlehen aufnimmt, muss es in Raten zurückzahlen, es – wie es Elisabeth Hennen umgangssprachlich formuliert – abstottern. Das Wort überträgt das Bild des „Stotterns“, des langsamen Sprechens, auf die Welt des Geldes. Im Lauf der Jahrzehnte hat sich der Umgang mit Geld stark verändert. Darlehen sind selbstverständlich geworden und ein Girokonto besitzt beinahe jeder. Eine sehr wichtige Neuerung fand allerdings außerhalb der „Kassenhalle“ statt: die Einführung des Geldautomaten. 1968 wurde der erste in der Stadt Tübingen aufgestellt. Er stand nur einer begrenzten Zahl von Kunden zur Verfügung. Seit Beginn der 1980er Jahren wurde er flächendeckend in Westdeutschland eingeführt. Mit einer entsprechenden Scheckkarte und einer Geheimnummer kann man meist rund um die Uhr bekommen. Einen großen Vorteil haben sie, wie manche finden:

Bankkunden:
„Is' einfacher. Geht manchmal schneller. / Es geht schnell, muss nicht warten, meistens auf jeden Fall, muss nichts ausfüllen. / Für mich is’ einfach die Praxis, dass ich sofort Zugriff zum Geld hab’. Also, es muss nicht direkt ‘ne Person vor mir sitzen.“

Sprecher:
Alle drei schätzen den Vorteil, schnell an Geld zu kommen, Zugriff darauf zu haben. So muss nicht – wie vor der Einführung der Geldautomaten üblich – erst ein Vordruck zur Barabhebung ausgefüllt werden, so dass der Bankmitarbeiter einem den gewünschten Betrag auszahlen kann. Der maschinelle Service ist allerdings auch unpersönlicher. Und manche Kundin und mancher Kunde vermisst diesen direkten Kontakt:

Bankkundinnen:
„Mir wär’ es lieber, jemanden gegenüber zu haben. Ich mag keine Automaten. Ich mag auch keinen Computer. / Da fragen Sie grade den Richtigen. Der Automat hat nämlich grad’ meine Karte geschluckt aus unerfindlichen Gründen. Also, ich bin ziemlich sauer auf das Ding. / Ja grad das mit den Kassenzeiten, das ist natürlich der springende Punkt. An sich ist es wesentlich sympathischer, mit Menschen Umgang zu haben. Aber es ist natürlich praktisch, dass man zu jeder Tages- und Nachtzeit so über ‘n Automaten Geld bekommt.“

Sprecher:
Die eine Kundin ist sauer auf den Geldautomaten, der einfach ihre Karte einbehalten hat. Er hat sie geschluckt. Wer sauer ist, ist über etwas verärgert. Die Formulierung kann man sogar noch steigern, indem man von „stinksauer“ spricht. Grundsätzlich findet die andere Kundin den persönlichen Kontakt zu einem Bankmitarbeiter angenehmer, als sich von einer Maschine „bedienen“ zu lassen. Der wichtigste Aspekt jedoch – oder wie sie sagt – der springende Punkt sind jedoch die Kassenzeiten. Der Geldautomat kennt keine Öffnungszeiten, nach denen sich Bankkunden richten müssen. Eine weitere Form von Geldgeschäften ist das Leasing. Was es damit auf sich hat, erklärt Marketing-Fachmann Wilfried Römer:

Wilfried Römer:
„Bei dem Leasing-Geschäft bin ich nicht Eigentümer der Ware, sondern ich bin eigentlich auf dem Stand des Mieters. ‚Leasing‘ ist vor allem im gewerblichen Bereich eine interessante Finanzierungslösung, um Kapital und Liquidität zu schonen.“

Sprecher:
Wer etwas least, beispielsweise ein Auto, besitzt diese Ware erst einmal nicht, sondern der Leasing-Geber. Wie Wilfried Römer sagt, ist Leasing besonders für Unternehmen, für den gewerblichen Bereich, eine gute Lösung. Denn diese müssen eine Ware nicht kaufen, sondern können sie für eine gewisse Zeit mieten. Monatlich bezahlen sie eine Rate, die Leasing-Rate. So schonen sie ihr Kapital, das Geld, das sie besitzen, und ihre Liquidität, also das Geld, das sie ausgeben können. Der Begriff stammt vom lateinischen „liquidus“, was „flüssig“ bedeutet. In der Umgangssprache sagt jemand, der gerade kein Geld hat: „Ich bin momentan nicht flüssig.“ Im Internetzeitalter hat – trotz Sicherheitsbedenken – auch eine besondere Form von Geldgeschäften immer mehr an Bedeutung gewonnen: das Homebanking, auch Online-Banking genannt. Bequem kann man von zu Hause aus etwa seine Rechnungen oder seine Miete zahlen, Daueraufträge einrichten und löschen. Allerdings wird Bargeld wahrscheinlich nie überflüssig werden. Es hat einen großen Vorteil: Es ist nicht von einer funktionierenden Elektronik abhängig.

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