Satire war immer eine Kunstform, die polarisierte: in Frankreich, in Deutschland und in anderen Ländern Europas. Schon Schiller sprach von der „lachenden Satire“. Ein geschichtlicher Rückblick.

Sie ist „eine Kunstgattung, die durch Übertreibung, Ironie und (beißenden) Spott an Personen, Ereignissen Kritik übt, sie der Lächerlichkeit preisgibt.“ So definiert der Duden den Begriff „Satire“. Satirezeitschriften tauchten in Europa im 19. Jahrhundert auf. Das 19. und das frühere 20. Jahrhundert gelten als die Blütezeit der Satire und der humoristisch-politischen Zeitschriften in Europa. Ihr Ziel war es, der bürgerlichen Gesellschaft und den Herrschern „einen Spiegel vorzuhalten“, ihnen also in humorvoller, manchmal bissiger – scharf kritisierender Form – ihr Handeln begreiflich zu machen. Anfangs kam diese neue Form der Gesellschaftskritik bei den Leserinnen und Lesern aber nicht an, wie Louisa Reichstetter, Mitarbeiterin am „Jena Center für Geschichte des 20. Jahrhunderts“ erzählt:

„Es gibt in verschiedenen Ländern verschiedene Versuche, Satirezeitschriften zu etablieren. Die sind aber selten über drei, vier Ausgaben hinausgekommen. Da ist Philipon der Erste, der das auch mit Erfolg versuchte. Ja, und Philipons Zeitschriften, also beide, haben ja rasenden Absatz. Mit Daumier hat er einen Zeichner gefunden, der den Nerv der Zeit trifft.“

Laut Louisa Reichstetter haben Verleger zunächst vergeblich versucht, in ihren Ländern Satirezeitschriften dauerhaft einen Platz zu sichern, sie zu etablieren. Nachdem drei bis vier Zeitschriftenausgaben erschienen waren, wurden sie nicht weiter verkauft. Sie kamen nicht über diese Zahl hinaus. Bis zum Jahr 1830. In Paris erschien „La Caricature“ – „Die Karikatur“. Herausgeber war Charles Philipon, selbst Karikaturist und Journalist. An seiner Seite: der Zeichner Honoré Daumier. Mit seinen Zeichnungen sprach Daumier die Themen an, die die Menschen bewegten, er traf redensartlich „den Nerv der Zeit“. Die Zeitschrift verkaufte sich sehr gut, sie fand rasenden Absatz. 1832 gab Charles Philipon eine weitere Zeitschrift heraus: „Le Charivari“. Und – wie Louisa Reichstetter sagt – bewirkten beide Blätter etwas, nicht nur weil sie ein neues Erscheinungsbild hatten, besonders „aufgemacht“ waren:

„Das sind so achtseitige Blätter, die schon ganz stark nicht mehr Flugblätter sind, sondern die Titel haben, Texte haben, Bilder haben. Und die finden ja auch ganz schnell überall in Europa Nachahmer. Also wenn Sie an ‚Punch‘ denken, die berühmte englische Zeitschrift, die heißt am Anfang auch im Untertitel ‚London Charivari‘. Oder in Berlin der ‚Kladderadatsch‘, der im Kontext der 48er-Revolution entsteht, der bezieht sich auch ganz stark auf diese Pariser Revolutionszeitschriften.“

Die neuartigen französischen Zeitschriften waren ein Vorbild für Satirezeitschriften, die dann in anderen europäischen Ländern wie etwa Deutschland, der Schweiz und Großbritannien erschienen. Sie fanden dort Nachahmer, bezogen sich auf die in Paris erscheinenden beiden Satireblätter. In Deutschland, das damals Deutscher Bund hieß, erschien 1848 die Satirezeitschrift „Kladderadatsch“, was so viel bedeutet wie „Chaos, großes Durcheinander“. Es war die Zeit der Revolutionen in Europa, der Revolutionen von 1848/49. „Kladderadatsch“, das in Berlin herausgegeben wurde, hatte bis zum Ersten Weltkrieg hohe Auflagen. Ab 1923 änderte sich die Tendenz des Blattes. Es betonte deutsch-nationalistische, konservative, Werte und wurde antisemitisch. Die zweite wichtige deutsche Satirezeitschrift damals war der in München erscheinende „Simplicissimus“. Obwohl 1896 von der Erstausgabe nur wenige tausend gedruckte Exemplare verkauft wurden, erlangte der „Simpl“ schnell eine Bedeutung im Deutschen Kaiserreich: Er machte sich über den Klerus – die katholischen Geistlichen – lustig, setzte sich kritisch mit der Politik des Kaiserreichs auseinander, aber auch mit der Denkweise der „normalen“ Bürger. Der Niedergang des „Simplicissimus“ begann mit der nationalsozialistischen Herrschaft. Ein Versuch, nach Ende des Zweiten Weltkrieges wieder an den Erfolg der Anfangszeit anzuknüpfen, scheiterte. Frankreich dagegen blieb das Zentrum der Satireblätter, ganz in der Tradition von Charles Philipon und Honoré Daumier. Die Auffassung, was Satire darf, ist – wie Louisa Reichstetter meint – bei ihren Verfechtern eine besondere:

„Das ist wirklich ‘ne Art auch Satire als Polemik zu begreifen. Es gibt ja diese berühmte Unterscheidung von Friedrich Schiller: ‚die lachende Satire‘, die einerseits mit positiven Gefühlen versucht, Lachen zu vermitteln und etwas zu verändern. Und die andere, die wirklich in diesem gemeinsamen Schmerz, in der gemeinsamen Wut versucht, etwas zu vereinen und zu verändern.“

Die Kunstform der Satire wird laut Louisa Reichstetter von Karikaturisten auch eingesetzt, um zu polemisieren. Das bedeutet, dass jemand versucht, durch starke Übertreibung oder auch unsachliche Kritik eine Reaktion hervorzurufen. Das Ziel ist, und hier zitiert Louisa Reichstetter Friedrich Schiller, bei den Herrschenden und in der Gesellschaft eine Veränderung zu erreichen – durch ein Schmunzeln, oder aber auch durch Wut.

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