Sie laufen Amok, morden wie im Rausch oder üben brutale Gewalt aus: Menschen, die keine Hemmungen haben, andere zu töten. Hirnforscher geben Antworten, was jemanden zu einem „bösen“ Menschen werden lässt.

Es fällt schwer, an das Gute im Menschen zu glauben, wenn man Bilder von Enthauptungen vor laufender Kamera sieht, Amokläufe oder einfach nur Jugendliche, die auf jemanden eintreten, der schon am Boden liegt. Aber schon der römische Dichter Plautus formulierte einen Spruch, der leicht abgewandelt heißt: „Der Mensch ist des Menschen Wolf“. Der Psychologe Sigmund Freud sprach davon, dem Menschen sei der Aggressionstrieb angeboren. Aber kann das so weit führen, dass jeder von uns zum blutrünstigen Mörder werden könnte? Joachim Bauer, Neurobiologe und Arzt der Universitätsklinik in Freiburg, beschäftigt sich damit, was Menschen dazu bringt, alle Hemmungen fallen zu lassen und Gewalt auszuüben. Er glaubt nicht daran, dass es zur Urnatur des Menschen gehört:

„Jemand anderem Brutales anzutun, davor haben alle durchschnittlichen Menschen eine große Scheu. Weil wegen dem System der Spiegelneuronen ist der Schmerz, den ich bei jemand anderem sehe und wahrnehme oder auch selbst erzeuge, zunächst mal immer auch mein Schmerz.“

In der Regel wollen Menschen andere nicht verletzen. Sie haben eine Scheu davor, trauen sich nicht. Der Grund dafür, so Joachim Bauer, sind die sogenannten Spiegelneuronen in unserem Gehirn. Das sind Nervenzellen, die bewirken, dass ein Vorgang „gespiegelt“ wird. Jemand beobachtet einen schmerzlichen Vorgang und leidet mit – ohne diesen Vorgang jedoch selbst zu erleben. Wegen dieses Systems in unserem Gehirn gibt es also eine natürliche Hemmschwelle, Gewalt auszuüben. Allerdings können bestimmte einschneidende Erfahrungen Menschen dazu bringen, Gräueltaten zu verüben. Der Neuropsychologe Thomas Elbert hat in Afrika mit Kindersoldaten, aber auch mit anderen Kämpfern gesprochen. Er kennt ihre Geschichten und auch die Gründe, warum sie Gräueltaten verübten. Und alle berichteten, so Thomas Elbert, davon, wie im Rausch, wie unter Drogen, gehandelt zu haben, also keine Kontrolle mehr über ihr Denken und Handeln gehabt zu haben:

„Diese Rauschzustände, die beschreiben alle Leute, dass das quasi ein vergnüglicher Zustand ist. Wir kennen von Marathonläufern, dass die sagen, so bei 15, 18, 20 Kilometern kommt ‘n Punkt, da beginnt das ‚Runner’s-High‘, also dieser fast rauschartige Zustand, den wir erklären können, weil an dem Zeitpunkt körpereigene Opiate ausgeschüttet werden. Wer nie 20 Kilometer gelaufen ist, wird das nie erfahren. Aber in jedem ist es natürlich angelegt, dass das passiert.“

Jeder Mensch hat, so Thomas Elbert, die körperliche Veranlagung, sich in einen Rauschzustand versetzen zu können, es ist in ihm angelegt. Ausschlaggebend sind sogenannte „Endorphine“. Thomas Elbert bezeichnet sie als Opiate, weil sie dieselbe Wirkung wie Morphine haben, die in der Droge Opium vorkommen: Sie machen glücklich. So berichten Marathonläufer davon, dass sie ab einer bestimmten Kilometerzahl ein großes Glücksgefühl haben, Runner’s-High genannt. Dass allerdings die natürlich vorhandene Hemmschwelle zum Töten überschritten wird, hat nach Erfahrung der Hirnforscher unter anderem mit traumatischen, durch Gewalteinwirkung entstandenen, Erlebnissen zu tun. Durch die Traumatisierung baut das Gehirn selbst die Hemmschwelle zu töten ab. Hirnuntersuchungen von Psychopathen, also Menschen, denen jegliches Mitgefühl fehlt, haben das gleiche Phänomen gezeigt, erklärt Joachim Bauer:

„Was man findet, wenn man Psychopathen reizt, ist, dass die fronto-limbische Schleife nicht mehr da ist, sondern dass sie quasi ohne großen Affekt einfach schlimmste Taten machen.“

Das limbische System im Gehirn ist unter anderem für die Verarbeitung von Gefühlen wie Wut, Aggression und Angst zuständig. Es sitzt im vorderen Teil, der Gehirnfront. Im Gehirn gibt es sogenannte Schaltkreise, die in Form einer Schleife Impulse senden und empfangen. Bei Psychopathen ist die fronto-limbische Schleife nicht vorhanden oder zerstört. Sie handeln dann ohne großen Affekt, zeigen kein Gefühl. Die Hirnforschung sieht in den Menschen eher friedvolle Artgenossen – aber nur, wenn schwerste Traumata oder Schäden im Gehirn uns nicht zu blutrünstigen Mördern werden lassen.

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