Zigaretten, Getränke, Zeitungen und Süßigkeiten: der Kiosk um die Ecke gehört zu deutschen Städten dazu. Um wirtschaftlich überleben zu können, sind allerdings neue Ideen notwendig. Denn die Konkurrenz schläft nicht.

Nach verschiedenen Schätzungen gibt es zwischen 20.000 bis 50.000 Kioske in Deutschland, im Rheinland liebevoll auch „Büdchen“ genannt. Das Angebot ist meist begrenzt etwa auf Zigaretten, Zeitungen, Zeitschriften, Getränke, Süßigkeiten und Scheine für das Glücksspiel Lotto. Wer einen Kiosk oder gar mehrere Kioske betrieb, konnte früher gut davon leben, nicht zuletzt wegen des Verkaufs von Zigaretten. Der Grund: die sogenannte Marge, also der Unterschied zwischen dem Einkaufspreis beim Großhändler und dem Verkaufspreis des jeweiligen Weiterverkäufers . Die hat sich – wie diese aus dem Iran stammende Kioskbesitzerin sagt – im Laufe der Jahre stark verringert:

„Vor ‘n paar Jahren haben wir viel bessere Margen gehabt, was unseren Hauptverkauf, Zigaretten, betraf. Dadurch, dass es teurer geworden ist, auch unsere Margen haben sich verringert. Und das, was dazugekommen ist, statt der normalen Zigaretten, die gute Marge haben, jetzt gibt es Billigzigaretten. Und zum Beispiel die letzte Erhöhung, wissen Sie, was die gemacht haben? Die müssen ja bis zum letzten, also Abnehmer, die die Kunden sind, das weitergeben. Nein, haben die bei uns aufgehört. Also, wir haben nur teurer gekauft, der Preis hat sich nicht geändert. Ich hab schon sehr gute Marge. Ich möchte nicht wissen, derjenige, der irgendwo in irgendeiner Ecke seinen Kiosk hat, wie er lebt überhaupt.“

Der Verkauf von Zigaretten macht in der Regel die Hälfte des Umsatzes eines Kiosks aus, noch vor Lotto, Zeitungen und Getränken. Es ist – wie es die Kioskbesitzerin formuliert – der Hauptverkauf. Auch für den deutschen Staat sind Tabakwaren wegen der darauf erhobenen Steuer gewinnbringend. So bekommt er von einer Schachtel, die fünf Euro kostet, etwa 3,65 Euro. Die Tabaksteuer wurde seit 2002 mehrfach angehoben. Seit der letzten Erhöhung müssen die Händler einen Teil der von der Tabakindustrie zu zahlenden Steuer indirekt tragen. Denn die Industrie gab, wie die Kioskbesitzerin sagt, die Steuererhöhung nicht an die Kunden weiter, sondern kürzte die Marge. Sie haben bei den Kioskbesitzern aufgehört, dort Schluss gemacht. Ein weiteres Problem ist, dass Kunden inzwischen überwiegend nicht mehr die teureren Zigarettenmarken kaufen, sondern die etwas preiswerteren, die Billigzigaretten. Die Kioskbesitzerin fragt sich, wie andere Besitzer, die ihren Laden an einer abgelegenen Stelle, in irgendeiner Ecke haben, überleben können, also genug verdienen. Denn vom Verkaufspreis einer Packung Zigaretten bleiben dem Kioskbesitzer je nach Marke und Marge zwischen 10 bis 50 Cent. Und kommt dann noch Konkurrenz in Form weiterer Kioske dazu, wird es noch schwieriger, sagt die Kioskbesitzerin:

„Es gibt keine Regelung. Und das ist das, was wirklich diese Geschäfte kaputt macht. Zum Beispiel, wenn wir hier statt vier zwei hätten, da hätte ich wirklich viel leichter leben können. Ich hätte mir zwei Tage zumindest freinehmen können. Ich müsste nicht um sechs Uhr, sieben Uhr abends nach Hause gehen. Ich könnte auch früher nach Hause gehen.“

Die Konkurrenzsituation hat für die Kioskbesitzerin zur Folge, dass sie mehr und länger arbeiten muss, um auf einen bestimmten Verdienst zu kommen und die Kosten für den Laden bezahlen zu können. Konkurrenz entsteht nicht nur untereinander, sondern auch durch Supermärkte, die spätabends und am Wochenende noch geöffnet haben. Das bisherige Alleinstellungsmerkmal des Kiosks existiert damit nicht mehr. Trotz dieser offenbar schwierigen Aussichten für Kleinhändler warnt Professorin Sabine Möller vor einer Panikmache. Sie ist Leiterin des „Lekkerland Stiftungslehrstuhls für Convenience und Marketing“ an der European Business School (EBS) im hessischen Oestrich-Winkel. Diese brachte 2011 eine Studie über Kioske heraus. Sabine Möller erzählt:

„Wir sind Kioske abgelaufen und haben halt auch mit den Kioskbetreibern gesprochen. Und da muss ich sagen: ‚Ja es gibt unheimlich viele Kioske, die nicht im Sinne eines BWLers wirklich sehr profitabel geführt werden können, weil sie einfach zu wenig Umsatz machen. Aber die Meinung der meisten Kioskbetreiber ist: ‚Ja, wenn der eine schließt, dann geht der andere rein.‘“

Für die Studie besuchten die Marktforscher in acht Großstädten Kioske, liefen sie ab. Sie stellten den Betreibern Fragen etwa zu Öffnungszeiten, ihrem Warenangebot, Sortiment, und zu welchen Zeiten sie am besten verkaufen. Dabei stellten sie fest, dass es sehr, unheimlich,viele Kioske gab, die nicht gewinnbringend, profitabel, arbeiteten, weil sie zu wenig Waren verkauften, zu wenig Umsatz machten. Diese Kioske sind – wie Sabine Möller formuliert – nicht im Sinne eines BWLers geführt, also nicht von jemandem, der Betriebswirtschaftslehre studiert beziehungsweise studiert hat. Aber die Meinung der meisten Befragten war laut Sabine Möller, dass bei einer Kioskschließung der nächste wieder eröffnet, in das Ladenlokal reingeht. Ob Kioske grundsätzlich bedroht sind, ob sie „sterben“, untersuchten im Jahr 2013 Arne Vorderwülbecke und Studierende vom Institut für Wirtschafts- und Kulturgeographie der Leibniz Universität Hannover. Arne Vorderwülbecke sagt, zu welchem Schluss sie kamen:

„Das Kernergebnis ist zwar, dass dieses Kiosksterben in einigen Fällen Realität zu sein scheint, es aber nicht flächendeckend ist. Denn wir konnten mehr oder weniger irgendwie Licht und Schatten in dieser Kiosklandschaft ausmachen: Während eben etwa die Hälfte der Kioskbetreibenden wirklich mit den Umsätzen zufrieden ist, ist die andere Hälfte eher unzufrieden. Ja, und die Umsatzentwicklung ist in vielen Fällen eben auch eher pessimistisch. Dennoch geben nur etwa fünf Prozent der befragten Kioskbesitzer eben an, dass sie diesen Kiosk in den nächsten drei Jahren schließen werden.“

Im Kern, also im Wesentlichen, ergab die Studie, dass nicht verallgemeinernd von einem Kiosksterben gesprochen werden kann. Manche Kleinläden mussten schließen, es war in einigen Fällen Realität. Aber es betraf nicht die ganze Stadt, war nicht flächendeckend. Außerdem stellten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fest, sie machten aus, dass es bei den über die Stadt verteilten Kiosken, der Kiosklandschaft, redensartlich Licht und Schatten gab: Es gab positive und negative Seiten. Die eine Hälfte der befragten mehr als 100 Kioskbetreiber war zufrieden damit, wie sich ihr Umsatz entwickelte. Die andere Hälfte war eher unzufrieden und hatte kaum Hoffnung auf Besserung ihrer Lage, war pessimistisch. Dennoch wollten die meisten aber weitermachen. Ob die Büdchen überleben, hängt von jedem selbst ab. Immerhin: die EBS-Studie ergab, dass nur wenige Menschen auf „ihr“ Büdchen um die Ecke verzichten wollen – auch weil es zum Leben in einer Stadt dazugehört.

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