Das erste Auto wurde in Deutschland gebaut. Und Deutschland soll auch mit zu den wichtigsten Ländern für Elektrofahrzeuge gehören. Allerdings kommt der Verkauf von E-Autos nicht so richtig in Fahrt.

Bis zum Jahr 2020 sollen eine Million E-Autos auf deutschen Straßen fahren. Dieses Ziel setzte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einem Treffen mit Vertretern der Automobilkonzerne, der wichtigsten Verbände, Wissenschaftlern, Gewerkschaftern und Umweltschützern im Mai 2010 in Berlin. Von diesem Ziel ist man allerdings noch sehr weit entfernt. Bis Ende 2014 wurden etwa 20.000 E-Autos verkauft. Daher findet der Chef des Automobilkonzerns Daimler, Dieter Zetsche, dass er sich vorkommt wie in einem Sketch aus den 1960er Jahren, wenn er über das Thema „E-Autos“ spricht. Auf dem 5. Elektromobilitätsgipfel in Berlin sagte er:

„Es hat ein bisschen was von ‚Dinner vor One‘ an Silvester, ‚the same procedure as every year.’ Wobei es tatsächlich eine Überlegung wäre, heute ‚the same speech as every summit‘ zu halten – vermutlich würde es den meisten gar nicht auffallen. Das liegt natürlich nicht an Ihrem begrenzten Auffassungsvermögen oder Ihrer begrenzten Aufmerksamkeit, sondern vielmehr an den begrenzten Fortschritten in Deutschland, eine Million Elektroautos auf die Straße zu bringen.“

Im Mai 2015 traf man sich zum fünften Mal, um über Elektromobilität zu sprechen. Es ist für Dieter Zetsche „the same procedure as every year“. Dieser Satz aus dem Sketch „Dinner for One“ ist in die Alltagssprache eingegangen für etwas, das immer wieder in der gleichen Art und Weise abläuft. „Der 90. Geburtstag oder Dinner for One“ ist eine 18-minütige Fernsehproduktion, die auf einem englischen Original basiert. Seit 1963 wird sie immer zu Silvester im deutschen Fernsehen gezeigt. Ironisch meint Dieter Zetsche, dass er jährlich die gleiche Rede halten könnte und kaum jemand es bemerken würde. Er könne aber auch nichts Neues sagen. Denn es gebe kaum Fortschritte. Laut einer Analyse des amerikanischen Unternehmensberatungskonzerns McKinsey liegt die Bundesrepublik im internationalen Vergleich bei den zugelassenen E-Autos, also denen, die die behördliche Erlaubnis zum Betrieb haben, auf Platz 11. Sie findet sich noch hinter Ländern mit einer geringeren Einwohnerzahl wie Portugal, Dänemark und Norwegen. Am Angebot liegt das nicht, betont der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie Matthias Wissmann:

„Leitanbieter sind wir nach Meinung praktisch aller internationalen Experten inzwischen mit anderen zusammen – auch die Japaner spielen mit, die Amerikaner. Wir haben nach McKinsey sogar die größte Vielfalt: 17 Modelle der Elektromobilität hat die deutsche Automobilindustrie gegenwärtig im Markt, und im Lauf des Jahres 2015 kommen noch einmal zwölf Modelle hinzu.“

Laut Matthias Wissmann gehört Deutschland zu den führenden Anbietern von Elektroautos. Es ist ein Leitanbieter – zusammen mit Japan und den USA. Wie in einem Sportteam spielt es auch im Markt mit. Dennoch finden E-Autos in Deutschland kaum Käufer. Der Hauptgrund ist, dass sie zu teuer sind. Studien zufolge sind Autokäufer meist lediglich dazu bereit, 2000 bis 3000 Euro mehr für ein Elektrofahrzeug auszugeben als für ein Auto mit Benzin- oder Dieselantrieb. Die Differenz liegt meist aber deutlich darüber. Aber selbst die aktuellen Preise für Elektroautos sind nach Ansicht der Autokonzerne noch zu niedrig. Wirtschaftlich betrachtet „zahlen“ sie redensartlich „drauf“, ist der Verkauf nicht gewinnbringend, sagt Daimler-Vorstandschef Dieter Zetsche:

„Auch wenn ich nicht in die Bilanzen der Wettbewerber gucken kann, bin ich sehr sicher, dass es bei uns allen gleich aussehen wird: Dass wir heute schon in jedes Handschuhfach von so ‘nem Elektrofahrzeug Geld legen – und das können wir nicht in beliebigem Umfang tun.“

Obwohl er die Gewinne und Verluste anderer Automobilkonzerne nicht kennt, ihnen nicht in die Bilanzen gucken kann, ist Dieter Zetsche von einem fest überzeugt: Jeder Konzern macht mit dem Verkauf Verluste, legt – bildlich gesprochen – in jedes Handschuhfach Geld. Das Handschuhfach ist ein Ablagefach vor dem Beifahrersitz. Doch E-Autos werden nur preiswerter, wenn mehr Menschen sie kaufen, der Absatz steigt. Hier ist nach Meinung von Dieter Zetsche auch die Politik in der Verantwortung. Sie muss den Kauf fördern:

„Wir sprechen hier über einen Brückenschlag, über eine deutlich begrenzte Zeit, in der man die Nachteile, die im Moment dieses Produkt noch aufweist, versucht, abzumindern oder auszugleichen über entsprechende zum Beispiel steuerliche Anreize, um diesen Anschub zu schaffen, der dann auch die weitere Entwicklung noch beschleunigen kann. Ich glaube aber wirklich, dass wir uns entscheiden müssen: Wenn wir wollen, dass wir in Deutschland im Markt vorangehen, die eine Million ist völlig unrealistisch unter heutigen Randbedingungen.“

Laut Dieter Zetsche müssen alle erkennen, dass nach derzeitigem Stand das Ziel von einer Million E-Autos bis 2020 nicht zu erreichen ist. Die Randbedingungen dafür sind nicht vorhanden. Neben dem vergleichsweise hohen Preis gibt es weitere Nachteile: Dazu gehören die Leistungsfähigkeit und die meist lange Ladezeit der Batterien sowie die geringe Anzahl von Ladestellen, von „Stromtankstellen“. So liegt die Reichweite eines E-Autos abhängig vom Modell zwischen 500 und 100 Kilometern, die Ladezeit kann bis zu acht Stunden dauern. Damit die Autoindustrie ihre Forschungsanstrengungen verstärken und die Nachteile beseitigen kann, schlägt Dieter Zetsche vor, dass die Bundesregierung etwa steuerliche Anreize zum Kauf von E-Autos bietet. Dazu könnte etwa gehören, dass Unternehmen weniger Steuern zahlen müssen, wenn sie Elektrofahrzeuge als Dienstwagen kaufen. So könnte laut Dieter Zetsche wie bei einem startenden Flugzeug ein Anschub erzeugt werden. Die Maßnahmen könnten zudem zeitlich begrenzt werden. Es wäre, wie es Dieter Zetsche formuliert, eine Überbrückung, ein Brückenschlag – ähnlich einer Brücke, die eine festgelegte Distanz überspannt. Sicher ist, dass weder die Politik noch die Automobilbauer abwartend zusehen können, wie sich die Elektromobilität entwickelt. Denn es geht nicht nur darum, Klimaschutzvorgaben der Europäischen Union zu erfüllen, wonach Autos nach 2020 nur noch 95 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer ausstoßen dürfen. Die Automobilbranche ist in Deutschland auch ein zu wichtiger Wirtschaftsfaktor, als dass man ihn vernachlässigen könnte.

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