Ludwig van Beethoven gilt als ein Komponist, der die Musik seiner Zeit revolutionierte. Aber welche Bedeutung und welchen Einfluss hat er heute noch? Manche meinen, ohne Beethoven gäbe es keine Popmusik ...

„Beethoven?! Der ist doch schon fast seit 200 Jahren tot. Was soll seine Musik noch mit unserem modernen Sound zu tun haben“, mag sich mancher Jugendliche heutzutage fragen. Manche kennen zwar die Europahymne oder die ersten Takte der 5. Symphonie. Aber vielleicht hat der Komponist ja auch noch mehr Einfluss in der heutigen Zeit. Ludwig van Beethoven galt damals als Revolutionär, weil er gewohnte Kompositionsmuster von Musik einfach nicht beachtete und eigene schuf, sagt Tilman Schlömp, künstlerischer Leiter des Bonner Beethovenfestes:

„Beethoven hat ganz stark gegen den Takt geschrieben, hat also immer Akzente gegen dieses normale, durchgezählte Vierer- oder Dreiertaktschema gesetzt. Und diese quasi Off-Beats, die hat er erst eingeführt in die Musik. Nein, also die gab es natürlich auch früher schon, aber er war derjenige, der das so zur Vollendung gebracht hatte. Und diese unglaubliche rhythmische Aufgeregtheit, das ist was, das hat glaube ich schon auch in die Popmusik Eingang gefunden.“

Musikstücke haben einen bestimmten Rhythmus beziehungsweise Beat. Dieser wird bestimmt durch das sogenannte Metrum, das gleichmäßige Wiederkehren eines Grundschlages, und den Takt. Dieser entsteht, wenn es betonte und unbetonte Schläge gibt zum Beispiel beim Dreier- und Vierertakt. Beethoven setzte hier andere Betonungen, Akzente. Er hielt sich nicht an das zu seiner Zeit übliche Taktmaß, schrieb gegen den Takt. In der heutigen Zeit würde man von Off-Beats sprechen. Dabei werden melodische Akzente zwischen dem Grundschlag gesetzt. Man ist „off-beat“, also weg vom Schlag. Das führt, wie es Tilman Schlömp ausdrückt, zu einer rhythmischen Aufgeregtheit, zu einem Gefühl, sich bewegen zu müssen. Drei, die sich bestens mit Beats und Rhythmus auskennen, sind Daniel Brandt, Jan Brauer und Paul Frick, die Begründer des gleichnamigen Berliner Ensembles „Brandt Brauer Frick“. Im Gegensatz zu anderen Künstlern der elektronischen Musik beschränken sich die Berliner nicht auf künstliche Klänge aus dem Laptop, sondern treten mit klassischen Instrumenten wie Harfe, Cello, Kontrabass und Vibraphon auf. Jan Brauer findet klassische Musik unter anderem aus einem Grund wichtig:

„So die klassische Musik insgesamt, eigentlich unsere komplette Popmusik, basiert ja immer noch auf der Harmonielehre und so was. Das kann man ja überhaupt nicht wegdenken. Also das ist einfach überall immer.“

Nicht nur die klassische Musik, also die Musikrichtung im Europa des 18. und 19. Jahrhunderts, sondern auch die moderne Popmusik werden nach Ansicht von Jan Brauer bestimmt durch die Harmonielehre. Man kann sich nicht vorstellen, ohne sie auszukommen, sie wegdenken. In der Musik versteht man unter Harmonielehre vereinfacht gesagt die Lehre, wie zu Akkorden zusammengefasste Töne miteinander harmonieren, wenn sie gleichzeitig erklingen. Beethoven schrieb oft mindestens zwölf Themenentwürfe nieder, bevor er sich für einen entschied. Bei der Berliner Band „Brandt Brauer Frick“ entstehen die Kompositionen oft spontan beim „Jammen“, dem gemeinsamen Musizieren im Probenraum. Diese Kompositionsweise führte auch dazu, dass die Band 2014 zum Beethovenfest nach Bonn eingeladen wurde. Tilman Schlömp sagt, warum:

„Ich glaube, man muss einfach versuchen, junge Leute generell dort abzuholen, wo sie sind und auch in ihrerLebenswirklichkeit abzubilden. Das heißt, junge Leute hören einfach logischerweise ‘ne andere Musik als das die Alten tun. Und ich glaube, man darf nicht krampfhaft versuchen, junge Leute in klassische Konzerte zu zwingen, sondern man muss einfach ein Angebot schaffen, das so locker und so neu ist, dass Leute sagen von sich aus: ‚Das ist ja interessant, da gehe ich mal hin. Und das könnte doch was sein.‘“

Für den künstlerischen Leiter des Beethovenfestes ist es wichtig, dass es im Programm auch Musikangebote für junge Leute gibt. Man muss sie dort abholen, wo sie sind, sie für diese Angebote gewinnen. Und diese sollten in etwa dem entsprechen, was junge Leute in ihrem alltäglichen Leben hören, sie müssen ihre Lebenswirklichkeit abbilden. Denn natürlich, logischerweise, mögen junge Leute andere Musik als ihre Eltern oder Großeltern. Tilman Schlömp hält nichts davon, Jugendliche mit allen Mitteln, krampfhaft, zu zwingen, in klassische Konzerte zu gehen. Ziel sollte es seiner Meinung nach sein, Musik anzubieten, die unbeschwert und ungezwungen, eben locker ist. Schon seit 1999 lädt das Beethovenfest junge Menschen ein, sich mit Klassik auseinanderzusetzen, etwa beim Orchestercampus, der in Zusammenarbeit mit der Deutschen Welle stattfindet. Dabei spielt – ganz im Sinne Ludwig van Beethovens – der Aspekt der Völkerverständigung immer eine Rolle. Denn Beethoven war als Künstler ein Vorbild für andere, wie Tilman Schlömp erläutert:

„Weil er auf der einen Seite sehr kritisch gegenüber Autoritäten war und sich auf der anderen Seite aber eben sehr für Völkerverständigung, für Menschenrechte eingesetzt hat. Das ging bei ihm nicht direkt. Also er ist nicht protestierend auf die Straße gegangen. Er hat aber sehr wohl in vielen Gesprächen dafür gekämpft. Und man sieht das einfach an seiner 9. Symphonie. Das ist sozusagen das Musterbeispiel: „Alle Menschen werden Brüder“. Er hat das ganz bewusst so in Musik gesetzt, also ganz, ganz stark, ganz intensiv betont.“

Für Tilman Schlömp spiegelt der letzte Satz der Neunten Symphonie Beethovens Vorstellung einer Welt wider, in der sich alle Menschen verstehen. Sie ist ein besonderes Beispiel dafür, ein Musterbeispiel. Und was bedeuten klassische Musik und Ludwig van Beethoven einem Technomusiker wie Paul Frick, der acht Jahre klassische Komposition studiert hat?

„Ich hab’ Phasen, wo ich zurückgehe und mir wieder Sachen wieder anhöre. Ich hab’ auf jeden Fall jedes Jahr meine Gustav-Mahler-Phase. Und ja, Beethoven zum Beispiel, also finde ich natürlich toll, war aber komischerweise nie so meins. Allerdings finde ich manche Sachen so späte Streichquartette, finde ich toll, manche Klaviersonaten.“

Für Paul Frick ist klassische Musik etwas, das ihn nur zu bestimmten Zeiten beeinflusst. Er hat entsprechende Phasen. Besonders gern mag er den österreichischen Komponisten Gustav Mahler. Dieser wurde 33 Jahre nach Beethovens Tod geboren und gilt als ein Wegbereiter der Neuen Musik des 20. Jahrhunderts. Anders als Mahlers Musik war die Ludwig van Beethovens nicht die, die Paul Frick gern hörte. Sie war nie so seins. Nur manche späten Streichquartette, die etwa ab 1824 entstanden, sowie Klaviersonaten gefallen ihm. Ein Streichquartett besteht aus zwei Violinen, einer Viola und einem Violoncello. Für deutsche Jugendliche mag die Musik Ludwig van Beethovens nicht mehr besonders zeitgemäß sein. Sie fahren, umgangssprachlich gesprochen, eher auf Musikrichtungen wie Techno oder Hip Hop ab. Aber wie sagte ein Jugendlicher bei einer Straßenumfrage in Bonn: „Ohne Beethoven gäbe es auch keinen Michael Jackson.“

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