Besonders samstags und vor allem in Großstädten sind sie voll: Fußgängerzonen. Damit sie weiter attraktiv bleiben, müssen sich Städte einiges einfallen lassen. Denn sonst kommen die Kunden nicht mehr.

In München, Berlin, Köln und vielen anderen deutschen Städten gehören sie zum Stadtbild dazu: Zonen, in denen keine Autos fahren und jeder ungestört einkaufen oder gemütlich in einem Café sitzen kann. Das war allerdings nicht immer so. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren viele Innenstädte in Deutschland zerstört und mussten neu aufgebaut werden. In dieser Wiederaufbauphase wurden allerdings Anfangsfehler gemacht, sagt Professorin Christa Reicher, Leiterin der Fakultät Raumplanung an der Technischen Universität Dortmund:

„Es gab diese Bewegung in unterschiedlichen Ländern. In Deutschland ist dieses Problem des Verkehrs in den Innenstädten massiver geworden, weil wir hier die Herausforderung hatten, nach dem Krieg viele Innenstädte wieder aufzubauen. Und in dieser Wiederaufbauphase haben wir dem Individualverkehr großzügige Vorfahrt eingeräumt und damit eben auch viele Probleme geschaffen.“

Beim Wiederaufbau der Städte wurde dem Autoverkehr eine wichtige Rolle zugeschrieben. Man räumte dem Individualverkehr großzügige Vorfahrt ein. Christa Reicher übernimmt hier das Bild von Autofahrern, die keine Stoppschilder auf ihrem Weg haben, sondern überall nur Schilder, die ihnen Vorfahrt gegenüber anderen gewähren. Fußgänger mussten sich dem Autoverkehr unterordnen. In Ruhe und gefahrenlos einkaufen zu gehen, war kaum möglich. Im November 1953 wurde dann in Kassel die erste verkehrsfreie Einkaufsstraße Deutschlands offiziell eingeweiht. Weitere folgten, vor allem in den 1970er-Jahren. So mancher Fußgängerzone sieht man ihr Alter inzwischen an. Das Erscheinungsbild der Einkaufszonen hat sich im Lauf der Zeit verändert – oft zum Nachteil, findet Christa Reicher:

„Eine Fußgängerzone wird ja auch stark durch die Gebäude an sich, also durch die Fassaden, bestimmt. Und ich sehe – gerade aus diesem Blick her – nichts mehr von der Architektur. Ich sehe nur noch Werbeträger, einer schlimmer wie der andere. Das ist doch nichts anderes als ein Schilderwald.“

Eine Fußgängerzone wird auch durch die Architektur der Häuser und ihrer Fassaden geprägt. Verschwindet die Architektur aber – wie beispielsweise in der Kölner Fußgängerzone – hinter sehr vielen Werbeträgern, also Schildern mit Firmenwerbung, fühlt man sich laut Christa Reicher wie in einem Schilderwald. Vor lauter Schildern sieht man die Gebäude nicht mehr. Allgemein sollten Raumplaner darauf achten, wie der öffentliche Raum, also der von allen Menschen genutzte Bereich in Städten, aufgeteilt wird, welchen Platz etwa Fußgängerzonen einnehmen, meint Christa Reicher:

„Man muss gucken, wie man sich positioniert. Und das Thema öffentlicher Raum und Fußgängerzone ist eine wichtige Visitenkarte einer Stadt. Und diese Visitenkarte muss ich nutzen, zum einen, um Kaufkraft zu generieren, und zum anderen auch, um einen adäquaten Aufenthaltsraum für die Bevölkerung, also für die Bewohner und Bewohnerinnen, zu schaffen.“

Beim Thema „Nutzung des öffentlichen Raums“ müssen sich Stadtplaner positionieren, sie müssen eine klare Meinung dazu haben. Denn Fußgängerzonen sind – im übertragenen Sinn – eine Visitenkarte, also etwas, das mit der Stadt in Verbindung gebracht wird. Und je schöner eine Fußgängerzone ist, je geeigneter, adäquater, der Aufenthaltsraum, umso mehr Menschen kommen zum Einkaufen in die Stadt. Es wird Kaufkraft geschaffen, generiert. Eine interessante Fußgängerzone besteht nach Ansicht von Christa Reicher aber nicht nur aus Geschäften. Sie muss auch anderes bieten:

„Gut ist, wenn Fußgänger möglichst viel Platz haben und wenn neben dem Laufen auch andere Aktivitäten dort für alle, also für die Öffentlichkeit, stattfinden können. Zum Beispiel, dass es mal auch ‘n Straßenfest, ‘ne kleinere Veranstaltung, was auch immer geben kann.“

Wer zum Shoppen geht, möchte sich entspannen. Zur Entspannung trägt auch bei, wenn in der Fußgängerzone unterschiedliche Dinge stattfinden, oder wie es Christa Reicher ausdrückt, es dort „was auch immer“ geben kann. Es ist gut, wenn beispielsweise Musik gemacht wird oder auch mal ein Straßenfest stattfindet und wenn es ausreichend Restaurants und Kneipen, Theater, Kinos oder Museen gibt. Während die Fußgängerzonen von Großstädten mit mehr als 500.000 Einwohnern gut besucht sind, kämpfen viele kleine und mittelgroße Städte mit Problemen: So stehen hier in ihren Fußgängerzonen Ladenlokale leer, das Warenangebot ist nicht vielfältig. Daher bleiben die Kunden aus. Manche Händler machen das Internet dafür verantwortlich, dass immer mehr Ladeninhaber aufgeben müssen. Die Kunden würden sich zwar in einem Geschäft beraten lassen, das Produkt dann aber preiswerter im Internet kaufen. Die Gefahr, dass E-Commerce den Tod von Geschäften in den Innenstädten bedeuten könnte, sieht Michael Reink vom Handelsverband Deutschland jedoch nicht:

„Wenn wir mit ungefähr 20 Prozent, vielleicht 25 Prozent im Jahr 2025 ausgehen, vom gesamten deutschen Einzelhandel, also Umsatz vom gesamten Handel, dann weiß man, 75 Prozent, 80 Prozent des deutschen Einzelhandels wird weiterhin stationär sein.“

Dreiviertel der Umsätze, also aller verkauften Waren, wird laut Michael Reink weiterhin in den klassischen Läden und Einkaufszentren gemacht. Man kauft vor Ort, stationär, ein. Und er glaubt nicht daran, dass Fußgängerzonen irgendwann vollständig verschwinden könnten:

„Fußgängerzonen sind immer noch die 1a-Lage in den Städten beziehungsweise Innenstädten. Da wird sich auch in Zukunft nichts dran ändern. Man hat sehr hohe Frequenzen häufig in den Fußgängerzonen. Das wird auch in Zukunft so sein.“

Geschäfte, die in einer Fußgängerzone liegen, haben den besten Platz. Es ist eine 1a-Lage. Denn dort kaufen sehr viele Menschen ein, sie haben eine sehr hohe Frequenz. Und was genau gefällt den Kunden an Fußgängerzonen?

„Shoppen. / Ist so schön zum Schlendern, durch die Schaufensterscheiben schauen, neue Inspirationen, und so wat. Dat is immer interessant. / Ich find’s schön, wenn es in der Fußgängerzone noch mal spezielle Geschäfte gibt, weil man hat mittlerweile so den Eindruck, egal, wo man hinkommt, es sieht überall gleich aus.“

Die Befragten schätzen das Einkaufsgefühl in einer Fußgängerzone. Man kann schlendern, sich langsam und ohne Hektik fortbewegen, man kann, wie es der Passant sagt, neue Ideen, Inspirationen, bekommen. Und man hat – anders als in Einkaufszentren – auch noch Geschäfte, die ein spezielles Angebot haben. Es sieht nicht überall gleich aus. Stadtplanerin Christa Reicher ist überzeugt, dass nur drei Dinge das Aus für Fußgängerzonen bedeuten könnten: nicht genug Kunden, die Öffnung für den Autoverkehr und zu unattraktive, veraltete Gebäude.

欢迎收听更多日常德语听力>>>>

声明:沪江网高度重视知识产权保护,发现本网站发布的信息包含有侵犯其著作权的链接内容时,请联系我们,我们将做相应处理。