Golf galt in Deutschland lange als ein Sport nur für reiche und ältere Menschen. Über die Jahre wurde viel dafür getan, Golf als Sportdisziplin zu etablieren und auch für ein breites Publikum zu öffnen.

„Golf ist ein Spiel, bei dem man einen zu kleinen Ball in ein zu kleines Loch schlagen muss, und das mit Geräten, die für diesen Zweck denkbar ungeeignet sind“. So definierte einst der frühere britische Premierminister Winston Churchill den Sport, der vor allem im englischsprachigen Raum sehr beliebt ist. Anders sieht das in Deutschland aus. Zwar hat – seit Ende des 19. Jahrhunderts in Deutschland der erste Golfclub eröffnet wurde – Golf viele Anhänger gewonnen. Im Jahr 2014 gab es nach Angaben des Deutschen Golfverbands rund 850 Clubs und Anlagen mit rund 639.000 Mitgliedern. Aber dennoch liegt Golf in Deutschland eher am unteren Ende der beliebten Sportarten der Deutschen. Golflehrer Winni Bellinghausen gibt die Meinung mancher wieder:

„Das kann ich mit 80 Jahren immer noch spielen, die Millionen auf der hohen Kante, die karierte Hose im Schrank, dann kann es mit dem Golfen losgehen. Und das habe ich auch lange Zeit, bevor ich angefangen hab, auch so noch empfunden.“

Gegenüber Golf gibt es manche Vorurteile: So gilt es als etwas, das nur ältere Menschen und #link:19007219# betreiben, die zudem noch reich sind. Winni Bellinghausen drückt das durch Bilder wie die karierte Hose im Schrank sowie die Millionen, die jemand auf der hohen Kante hat, aus. Unter der Wendung versteht man, dass jemand viel Geld zur Verfügung hat. Golf galt darüber hinaus – anders als beispielsweise Fußball, Schwimmen oder Turnen – nie wirklich als Sport. Im Jahr 1904 war es zum zweiten und letzten Mal olympische Disziplin. Erst der Sieg des Deutschen Bernhard Langer 1985 beim Masters-Turnier im US-amerikanischen Augusta änderte das Bild etwas. Ein Volkssport ist Golf aber trotzdem nicht geworden. Daran änderte auch das neue deutsche Golfidol Martin Kaymer nicht viel. Andrew Clark und Robert Hoppe, die beide Golfplätze betreiben, meinen übereinstimmend, dass es dafür einen Grund gibt:

„Die Leute haben Hemmungen, überhaupt zu einer Golfanlage zu gehen. Und, ich sag mal, mein Hauptjob hier ist eigentlich, Leute, die noch nie Golf gespielt haben, einmal hier auf die Anlage zu bringen,ist die Kunst. / Grundsätzlich gibt es immer noch ‘ne Hemmschwelle zum Golf. Aber wir kriegen so langsam den Wandel hin, dass die Leute dann erkennen: ‚Also vom Preis her ist es ja gar nicht so. Und da ist es auch relativ locker, sind viele junge Leute.‘“

Andrew Clark und Rolf Hoppe haben beide die Erfahrung gemacht, dass sich viele Menschen nicht wohl dabei fühlen, auf einen Golfplatz zu gehen. Sie haben Hemmungen, müssen eine Hemmschwelle überwinden. Wer „eine Hemmschwelle überwindet“, traut sich etwas. Andrew Clark betrachtet es als Kunst, als besondere Fähigkeit, wenn er es schafft, Ungeübte auf die Anlage zu bringen, sie zum Golfen zu bewegen. Auch Rolf Hoppe leistet viel Überzeugungsarbeit. Er möchte einen Wandel hinbekommen: Die Menschen sollen feststellen, dass Golf nicht teuer sein muss und auch junge Leute daran Spaß haben, dass eine entspannte, lockere, Atmosphäre herrscht. Das ist auch das Ziel des gebürtigen Briten Andrew Clark, der in Köln einen Golfplatz betreibt. Er möchte den Einstieg in diesen Sport so unkompliziert und preiswert wie möglich machen:

„Aldimäßig, das heißt an die Masse dran, aber dafür weniger Geld nehmen. Und genau das ist es. Wir haben ja fast jeden Tag ‘n volles Haus, dafür zahlen sie aber alle viel weniger, als was sie in einem normalen Golfplatz zahlen.“

Aldi ist eine sehr profitable Supermarktkette, ein Discounter, die Waren sehr preiswert und deshalb massenhaft verkauft. Ähnlich ist das Konzept Andrew Clarks: Er will – wie er es ausdrückt – an die Masse dran, also möglichst viele Menschen mit einem preiswerten Angebot auf den Golfplatz bringen. Das Konzept ist erfolgreich. Deshalb ist das Haus voll, die Golfanlage gut besucht. Auch Jürgen hat hier mit Golf begonnen und dabei überrascht festgestellt:

„Da sieht man Typen, denen würde man überhaupt gar keinen Sport zutrauen, weil die tatsächlich wohlbeleibt sind – oder wie man hier im Rheinland sagt: ‚Die han ‘ne Figur wie ‘n Maggiwürfel‘. Aber wenn man die beim Abschlag sieht, da wird man eines Besseren belehrt. Da ist kräftig Wumm dahinter, und die treffen gut und spielen gut.“

Auf dem Golfplatz hat Jürgen manches Vorurteil, das er hatte, korrigiert. Er wurde eines Besseren belehrt. Denn er hatte angenommen, dass dicke, wohlbeleibte, Menschen eher unsportlich sind. Ihre Figur vergleicht er mit einem Maggiwürfel, einer Würze in Würfelform, die man zum Beispiel in Suppen verwendet. Benannt sind die Würfel nach dem gleichnamigen Schweizer Unternehmen Maggi. Allerdings stellte Jürgen dann fest, dass es diese Menschen trotzdem schaffen, mit Wumm, mit gehöriger Kraft, den Ball beim Abschlag, demersten Schlag, zu treffen. Jürgen fühlt sich auf der öffentlichen Anlage in Köln aus bestimmten Gründen sehr wohl:

„Dass ich hier tatsächlich nicht von Aufschneidern und Angebern umzingelt bin. Und dass selbst, wenn’s vorhanden ist, ich nicht unbedingt sagen muss, um anerkannt zu werden, wie viel ich auf’m Konto hab’, sondern man wird ganz normal als Sportler in erster Linie akzeptiert.“

Was Jürgen an der öffentlichen Anlage gefällt, ist, dass hauptsächlich, in erster Linie, der Sport im Vordergrund steht. Man wird für seine sportliche Leistung anerkannt. Anders als in manchem Golfclub ist es seiner Meinung nach nicht so wichtig, wie viel Geld man auf dem Konto hat. Hier gibt man mit seinem Reichtum nicht an, schneidet nicht auf, prahlt damit. Jürgen fühlt sich nicht von Aufschneidernund Angebern umzingelt – nicht wie einer, der von allen Seiten durch seine Feinde eingeschlossen ist. Auf einen Golfplatz zu kommen, ist in Deutschland allerdings nicht ganz so einfach. Allerdings hat das nicht nur etwas mit den Gebühren zu tun, die für die Nutzung eines Platzes gezahlt werden müssen. Uli Paetzel, der eine öffentliche Golfübungsanlage in Frechen bei Köln betreibt, erklärt, worauf es vor allem ankommt:

„Auch im Golfen ist es nämlich so, man muss die Platzerlaubnis, die Platzreife machen; ähnlich wie beim Führerschein ‘ne Theorie- und ‘ne Praxisprüfung. Und erst dann, wenn die bestanden ist, darf ich Golf spielen.“

Ohne Führerschein ist Autofahren in Deutschland nicht erlaubt. Ohne die Platzerlaubnis ist auch Golfen nicht möglich. Dafür muss man vor einem sogenannten Pro, einem Golflehrer oder Golftrainer, eine Prüfung ablegen, die Platzreife machen. Dabei muss der Anfänger gewisse Fertigkeiten der Ballkontrolle sowie das Beherrschen der Regeln nachweisen. Bis es soweit ist, braucht er etliche Trainerstunden und meist die Mitgliedschaft in einem Golfclub. Um neue Mitglieder zu gewinnen, lassen sich manche Betreiber von Golfclubs und -anlagen etwas einfallen: Viele erheben keine Aufnahmegebühr mehr, Jahresbeiträge sind nicht mehr so teuer und können monatlich bezahlt werden. Und so mancher Verein bietet auch sogenannte Schnupperkurse an, in denen man in kleinen Gruppen mit professioneller Anleitung testen kann, ob einem dieser Sport gefällt. Michael Jacoby, Organisator einer jährlichen Golfmesse im Rheinland, hat festgestellt, dass sich die Betreiber von Golfstätten in Deutschland auf die Veränderungen in der Gesellschaft einstellen:

„Die Golfplätze werden wieder etwas farbenfroher und sie werden etwas lauter. Und auch die Angebote der Golfanlagen verändern sich. Man sieht mittlerweile schon mal hier und da ‘n Kinderspielplatz oder Kinderbetreuung. Also, Golf wandelt sich vom elitären Gesellschaftssport zu einem dienstleistungsorientierten Freizeitvergnügen. Und das ist der richtige Weg.“

Sehr lange Zeit war Golf ein Sport, der nur einer bestimmten, ausgewählten Gesellschaftsschicht vorbehalten war. Er war elitär, was sich unter anderem auch in einer strikten Kleiderordnung und Etikette, Verhaltensregeln, ausdrückte. Michael Jacoby sieht in Deutschland jedoch einen Wandel hin zu einem Sport, den jeder in der Freizeit betreiben kann und bei dem Dienstleistungen, Serviceangebote, zunehmend wichtig werden. Dazu zählt er etwa das Angebot von Kinderspielplätzen und Kinderbetreuung. Wie bei anderen Freizeitvergnügen auch, stellt sich die Branche auf die Wünsche ihrer Kunden ein, orientiert sich daran. Und wer weiß: Vielleicht gibt die Entscheidung des Internationalen Olympischen Komitees, ab den Sommerspielen 2016 wieder als olympische Disziplin zuzulassen, dem Sport auch in Deutschland einen zusätzlichen Schub. Dabei muss es sich ja nicht direkt so darstellen, wie es der österreichische Liedermacher Rainhard Fendrich 1997 in seinem Song „Rolf spielt Golf“ sang:

„Rolf war der Stier auf jeder Wiese, / ein Mann von Welt, ein Held der Frauen. /
Er war vom Köpfchen bis in die Füße / die Ausgeburt an Selbstvertrau’n. / Auf einmal pfeift er auf Karriere, / was schert ihn Weib, was schert ihn Kind. / Am Golfplatz geht es nur um die Ehre, / bei Sonne, Regen, Sturm und Wind …“

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