UN-Kritik an deutschem Bildungssystem

Nach einer zehntägigen Informationsreise durch deutsche Kindergärten, Schulen und Hochschulen zog UN-Sonderberichterstatter Vernor Muñoz Bilanz - und die fiel durchaus kritisch aus. 

Als Konsequenz seines Besuchs gab der Sonderberichterstatter für das Recht auf Bildung vier vorläufige Empfehlungen. An erster Stelle forderte er die Bundesregierung auf, ihre Vorbehalte gegen die UN-Kinderrechtskonvention aufzugeben und auch Migranten in Deutschland, die älter als 16 Jahre sind, einen Schulbesuch zu ermöglichen. Ferner müsse die vorschulische Bildung kostenlos sein und schließlich dürften Schüler nicht schon nach der vierten Klasse auf die verschiedenen Schulformen verteilt werden.

Bildunterschrift: Mit der frühen Auslese nach dem vierten Schuljahr werde das Bildungspotenzial der Kinder nicht ausgeschöpft, erläuterte Muñoz seine Kritik. Es habe vor allem negative Konsequenzen für diejenigen, die ohnehin schon Probleme hätten, wie Migrantenkinder und Kinder aus sozial schwachen Familien. Dabei zeigten Untersuchungen, dass bei der Aufteilung auf die verschiedenen Schulformen für 44 Prozent der Kinder falsche Empfehlungen gegeben wurden.

Muñoz wies darauf hin, dass schon der internationale Pisa-Bildungsvergleich für Deutschland einen engen Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg ergeben habe. In der Hauptschule seien Migranten und Arme überrepräsentiert, im Gymnasium hingegen unterrepräsentiert. Hinzu komme, dass 20 Prozent der Hauptschüler ohne Abschluss blieben und 50 Prozent der Jugendlichen mit Hauptschulabschluss keine Lehrstelle fänden.

Zudem äußerte Muñoz Bedenken, dass immer mehr Bildungskompetenzen an die Länder gehen. So könne der Bund keine Einheitlichkeit gewährleisten. Schon heute gebe es große Unterschiede zwischen den Ländern. Die jährlichen Ausgaben pro Schüler reichten von 3800 bis 6300 Euro.

Bundesbildungsministerin Annette Schavan sprach in einer ersten Bewertung von "viel Konsens und mancher unterschiedlichen Auffassung". Das große Thema sei die Integration, zu der Schule ein Schlüssel sei. Sie betonte, egal ob der Übergang auf die weiterführende Schule nach der vierten, sechsten oder siebten Klasse erfolge, dürfe das keine letzte Entscheidung über den späteren Schulabschluss bedeuten.

Seine endgültigen Empfehlungen will Muñoz demnächst der Bundesregierung übermitteln. Anschließend werden sie in seinen Abschlussbericht an den UN-Menschenrechtsausschuss aufgenommen.