Migration und die deutsche Sprache

Seit gut 50 Jahren kommen Migranten nach Deutschland. Das verändert nicht nur ihr Leben, sondern auch das der Deutschen. Und es verändert die deutsche Sprache. Ein Professor beobachtet diese Entwicklung seit Jahren.‎

Wie heißt es richtig: „Ich verspreche es ihn“ oder „Ich verspreche es ihm“? Für Deutschlerner ist es nicht immer leicht, den richtigen Kasus zu wählen. Der Sprachforscher Uwe Hinrichs von der Universität Leipzig erklärt: "Die Kasus werden entweder verwechselt (…) oder die Kasusendungen gleich ganz weggelassen."

Die Schwierigkeit mit den deutschen Fällen erklärt Hinrichs mit den verschiedenen Muttersprachen der Migranten: Während im Englischen und im Französischen Fälle keine große Rolle spielen, kennen die slawischen Sprachen bis zu sieben Fälle. Schwierig sind auch die deutschen Artikel, denn in den meisten Sprachen der Migranten gibt es keine. Hinrichs nennt ein Beispiel: „Viele sagen dann etwa: Ich kaufe Auto.“

Die Theorie des Sprachwissenschaftlers lautet: Migranten machen beim Deutschlernen und -sprechen fast zwangsläufig Fehler, weil Deutsch eine schwierige Sprache ist. Mit der Zeit übernehmen dann Muttersprachler diese Fehler langsam in ihren Sprachgebrauch. Auf diese Weise verändert sich die deutsche Sprache. Dies gilt vor allem für die gesprochene Sprache, weniger für das Schriftdeutsch.

Hinrichs erwartet, dass sich die Deutsche Sprache durch den Einfluss der Migranten vereinfachen wird, und sagt voraus: "Wer in 30, 40 Jahren Deutsch lernen muss, wird sich wahrscheinlich nicht mehr mit soviel Kasus rumärgern." Auch andere deutsche Wissenschaftler beobachten diese Entwicklungen. So betont Sprachforscher Harald Haarmann, dass der Kontakt zwischen verschiedenen Kulturen und Sprachen die deutsche Sprache bereichert. Denn, so Haarmann: Keine Sprache kommt ohne Modernisierung aus.