"Ich sehe was, was Du nicht siehst"

Afrikanische Kinder stellen ihre Alltagswelt vor. In einer Sprache, die alle verstehen können: mit Fotos. Das von zwei deutschen Frauen organisierte Projekt soll helfen, fremde Kulturen zu verstehen.

In der westafrikanischen Sahelzone ist es heiß und trocken. In Ouagadougou, der Hauptstadt Burkina Fasos, stehen die Händler bei über 40 Grad auf dem Markt und bieten ihre Waren an. Tomaten, Gurken und Paprika liegen dort im Schatten auf Tüchern und kreieren ein buntes Bild auf dem staubigen Boden. Die 17-jährige Balima Adjara drückt sofort auf den Auslöser einer Digitalkamera. Mit einem Klick wird das Stillleben festgehalten. Die Leute auf dem Markt sind überrascht, dass ihr Gemüse fotografiert wird. Eine Digitalkamera bekommen sie nicht häufig zu Gesicht. Nur die allerwenigsten wissen, wie man damit umgeht.

Das wollten zwei deutsche Frauen ändern. Sie setzten sich in ein Flugzeug nach Westafrika. Im Gepäck hatten sie neben einer Kamera-Ausrüstung auch die Idee für das Foto-Projekt. Ihr Ziel: das Waisenhaus in Ouagadougou. Dort sollten zehn Kinder und Jugendliche die digitale Fotografie lernen.

Viele dieser Kinder haben, wie Balima, einfach das geknipst, was ihnen wichtig erschien. Besonders die Menschen, die ihnen am Herzen liegen, aber auch Pflanzen, Tiere und die afrikanische Sonne haben sie auf Fotos festgehalten. Die meisten Kinder haben in der Vergangenheit nahe Angehörige verloren, auf der Straße gelebt und an Unterernährung gelitten. Viele sind dadurch traumatisiert. Die wertvolle Erfahrung, sich mittels Bildern verständlich zu machen, gab den Kindern und Jugendlichen viel Selbstvertrauen.

Balima und die anderen Bewohner des Waisenhauses haben durch das Projekt eine Stimme bekommen, die auch über die Landesgrenze hinweg verstanden werden kann. Denn die Bilder sprechen eine eigene, eine universelle Sprache. Sie erzählen von Wagen, voll behangen mit farbigen Plastikschüsseln, Körben und Teppichen; von kunterbunten Stoffen und Sommerschuhen; von kunstvollen Flecht-Frisuren auf Kinderköpfen und von lachenden Menschen.