Trennung, Tod, Krankheit: Das sind einige Ereignisse, die Menschen unglücklich machen. Viele suchen dann Hilfe bei „Seelenklempnern“ – eine umgangssprachliche Bezeichnung für Psychiater oder Psychotherapeuten.

Sprecherin:
Viele Menschen kennen diese Situation: Man trennt sich von seinem Partner oder wird von ihm getrennt, ein nahestehender Mensch erkrankt, man wird arbeitslos oder hat gar einen schweren Unfall, der das eigene Leben von einem Tag auf den anderen verändert. Sehr viele fallen daraufhin redensartlich in ein „seelisches Loch“ und haben Probleme, alleine aus diesem „Loch“ herauszukommen. Manche suchen dann fachliche Hilfe, „gehen zum Seelenklempner“. Dieser eigentlich scherzhaft gebrauchte Begriff überträgt das Bild eines Klempners, eines Handwerkers, der Rohrleitungen installiert und repariert, auf die Berufsgruppe der Psychiater und Psychotherapeuten. Psychiater sind Fachärzte, die ihre Patienten mit Medikamenten behandeln. Psychotherapeuten sind entweder Mediziner oder Psychologen, die ihre Patienten mit Gesprächen therapeutisch behandeln. Beide Berufsgruppen haben mit dem Thema „Unglücklichsein“ täglich zu tun. Schon der griechische Philosoph Epiktet stellte vor mehr als 2000 Jahren allerdings fest: „Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern die Meinungen, die wir von den Dingen haben.“ Und diese Meinungen, also Gefühle wie zum Beispiel Angst, führen zu bestimmten Verhaltensmustern, die – wie der Münchner Psychotherapeut Stephan Lermer sagt – bei den meisten nicht bewusst ablaufen:

Stephan Lermer:
„Das ist ein unbewusstes Programm, und unbewusst sind wir immer erfolgreich. Nur bewusst wird es dann eben beklagt: ‚Mein Gott, warum gelingt’s mir nicht? Andere können das, ich kann es nicht.‘ Und da kann die Psychotherapie eben helfen, das tiefenpsychologisch aufzulösen, dass da ein Programm da ist, das das Gelingen verunmöglicht.“

Sprecherin:
Stephan Lermer erklärt, wie Ansichten, die oft in unserer Kindheit begründet liegen, unser Verhalten unbewusst bestimmen. Es ist ein unbewusstes Programm. Tief im Inneren, tiefenpsychologisch, hat eine Person den Anspruch, immer Erfolg im Leben zu haben. Daher ist sie sehr enttäuscht, wenn ihr etwas nicht gelingt. Solange dieser Anspruch nicht erkannt wird und mit Hilfe eines besonderen therapeutischen Ansatzes, der Tiefenpsychologie, aufgelöst wird, wird jeder Versuch einer Veränderung verhindert, verunmöglicht. Das Verb ist besonders im Schweizer Sprachraum gebräuchlich. Stephan Lermer hat die Erfahrung gemacht, dass viele Menschen erst durch tiefe Krisen merken, dass sie ihr Leben lang im Prinzip durch dieses unbewusst ablaufende Programm „fremdgesteuert“ waren, also anders gelebt haben, als sie wollten. Sein Düsseldorfer Kollege, der Psychotherapeut Andreas Soljan, hat festgestellt, dass viele seiner Patienten durch einen Verlust in eine seelische Krise gestürzt sind. Dass „Unglücklichsein“ oft nicht von äußeren Umständen abhängig ist, kann er bestätigen. Er schildert den Fall von zwei Männern: Der eine hatte im Lotto, einem Glücksspiel, gewonnen, der andere ist behindert:

Andreas Soljan:
„Der hatte einen nicht selbstverschuldeten Unfall auf dem Motorrad, war dann quasi ab der Hüfte gelähmt und rollstuhlfahrend. Also ein wirklich armer Mensch, wie man denken sollte. Der kam in die Praxis und strahlte mich mehr oder minder an. Und ein paar Wochen später kam dann ein Herr zu mir, der ‘ne halbe Million Euro gewonnen hatte. Und ich hatte bei beiden auch so gefragt: ‚Wie würden Sie sich denn auf einer Stufe von eins bis sechs skalieren?‘ Der mit dem Lottogewinn, der lag dann irgendwie bei 4,2, und der mit der Querschnittlähmung lag bei 4,1.“

Sprecherin:
Andreas Soljan hatte beide Patienten gefragt, wie sie sich auf einer Skala von „1“ für „vollkommen unglücklich“ bis „6“ für „ganz und gar glücklich“ einstufen, sich skalieren. Eigentlich sollte derjenige, der wegen eines unverschuldeten Unfalls im Rollstuhl sitzt, ein bedauernswerter, ein armer, Mensch sein. Er hatte sein Schicksal, wie es Andreas Soljan beschreibt, jedoch angenommen. Als er in Andreas Soljans Praxis kam, schaute er den Psychotherapeuten gewissermaßen, mehr oder minder, freudig an, er strahlte ihn an. Und der Lottomillionär, der eigentlich sehr glücklich hätte sein sollen, kam nicht damit klar, plötzlich so viel Geld zur Verfügung zu haben. Auf der Skala stufte er sich als genauso mittelmäßig glücklich ein wie der Querschnittsgelähmte. Stephan Lermer meint, dass jeder definieren sollte, was für ihn Glück bedeutet:

Stephan Lermer:
„Dass man sozusagen seine Bedürfnisse kennenlernt, eine Bedürfnispalette sich vor Augen führt. Was möchte ich eigentlich? Was ist mir wichtig? Und da kommen wir dann schon zum Allgemeinen, was die Glücksforschung so anbietet, dass meistens der Konsum nicht glücklich macht. Und man könnte sagen, der größte Glückskiller ist das Vergleichen, und die größte Glücksquelle ist, andere glücklich zu machen.“

Sprecherin:
Wie auf einer Palette, einer Platte, die ein Maler in der Hand hält, um dort die Farben zu mischen, sollte jeder nach Glück Strebende eine Palette mit seinen Bedürfnissen haben. Er sollte sich, so Stephan Lermer, überlegen, vor Augen führen, was er sich wünscht, was ihm wichtig ist. Wie Forscher herausgefunden haben, macht der Drang danach, sich mit anderen zu vergleichen, unglücklich. Er ist ein Glückskiller, ein Glücksgefühl wird abgetötet. Dagegen wirkt das Gefühl, eine andere Person mit einer Tat glücklich gemacht zu haben, als Glücksquelle. Der Begriff überträgt das Bild einer Wasserquelle auf eine positive Tat. Der Psychiater Roland Urban meint, dass die Vorstellung davon, was jemanden glücklich macht, auch von der jeweiligen Zeit abhängt, in der jemand lebt. Er nennt drei Beispiele:

Roland Urban:
„Wenn ich jemanden 1947 gefragt hätte, was ihn glücklich macht, dann hätte er vielleicht gesagt: ‚Ich bin einfach glücklich, dass die Bombennächte vorbei sind und meine Familie überlebt hat.‘ Wenn Sie jemand 1957 fragen, dann sagt der vielleicht: ‚Dass ich mir jetzt endlich ‘n Mercedes kaufen konnte.‘ Und 1997 war es noch mal vielleicht was anderes.“

Sprecherin:
Zwei Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs waren die Menschen glücklich, dass die Städte nachts nicht mehr bombardiert wurden, die Bombennächte vorbei waren. In den Zeiten des sogenannten Wirtschaftswunders während der 1950er und 1960er Jahre sei jemand vielleicht glücklich gewesen, wenn er sich einen teuren Mercedes leisten konnte. Glück ist wie Unglück also sehr individuell. Und jeder ist sprichwörtlich seines eigenen Glückes Schmied, oder wie es Stephan Lermer formuliert:

Stephan Lermer:
„Heute sagen wir, das Glück ist nicht jenseits, am anderen Ende der Welt, sondern es ist jenseits am anderen Ende deiner Seele. Und da musst du es versuchen, zu entdecken und zu locken.“

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