Geiseln als Faustpfand im Nahen Osten

Die Entführung von Ausländern als Mittel der Auseinandersetzung hat in einigen Staaten des Nahen Ostens "Tradition". 

Motive und Ablauf der Geiselnahmen in den unterschiedlichen Ländern weichen starkvoneinander ab. Eines ist ihnen jedochgemein: In der Regel brachten Geiselnehmer die Opfer in ihre Gewalt, um sie als Faustpfand bei der Durchsetzung politischer Forderungen einzusetzen. Oft sollten Gesinnungsgenossen freigepresst werden.

Die erste große Entführungswelle in der Region gab es in den 1980er Jahren im vom Bürgerkrieg verwüsteten Libanon. Im Jemen wurden in den vergangenen 15 Jahren mehr als 200 Ausländer entführt.

Als der Libanon mit seinen rivalisierenden Glaubensgruppen zwischen 1975 und 1990 in Krieg und Chaos versank, wurden die Entführungen zu einem fast alltäglichen Mittel der Politik. Mehr als 60 Bürger westlicher Länder gerieten in die Hände von Geiselnehmern. Viele von ihnen mussten jahrelang in Gefangenschaft leben. Mit der Entschärfung des Pulverfasses Libanon in den 1990er Jahren wurden die Fälle von Entführungen in der arabischen Welt seltener.

Vor allem das Abdriften des Irak in einen latenten Bürgerkrieg hat das schmutzige politische Geschäft mit der Verschleppung von Ausländern zurück auf die Tagesordnung gebracht. Mehr als 50 Bürger anderer Staaten sitzen derzeit im Irak in Geiselhaft, für weitere rund 40 Geiseln hat die Entführung mit der Ermordung geendet. In den meisten Fällen fordern die Entführer von den Herkunftsländern ihrer Geiseln den Abzug ausländischer Truppen und den Abbruch der Beziehungen zur Regierung in Bagdad. Besonders großesAufsehen im Westen erregen die Verschleppungen westlicher Ausländer.

Relativ neu ist das Phänomen der Entführungen im palästinensischen Gazastreifen. Hier kam es in den vergangenen Monaten wiederholt zu kurzzeitigen Verschleppungen von Ausländern. Bei den Entführern handelt es sich zumeist um einheimische Gruppen, die Anhänger und Mitglieder aus der Haft freipressen wollen.