Christen in der Türkei kämpfen um rechtliche Anerkennung

Privat können Christen in der Türkei ihre Religion frei ausüben. Der offizielle Status christlicher Kirchen ist dagegen weiter ungeklärt. Sie dürfen weder Gebäude besitzen noch geistliches Personal ausbilden.

Die deutsche evangelische Gemeinde in Istanbul wollte einen Gas-Anschluss einrichten lassen, doch erst eine Schenkungsurkunde von 1857 sorgte dafür, dass der Antrag bearbeitet wurde. "Im Grundbuch der Stadt Istanbul steht kein Eigentümer für dieses Gebäude, weil die deutsche evangelische Gemeinde unter den gegebenen Umständen rechtlich nicht existent ist", sagt Pfarrer Holger Nollmann. Erst der Nachweis über diese osmanische Urkunde habe den Beamten dann so beeindruckt, dass er den Antrag überhaupt entgegengenommen hat.

Der Umstand, dass christliche Gemeinden in der Regel nicht als juristische Personen anerkannt werden, führt automatisch zu unsicheren Besitzverhältnissen. Die Gemeinde des Patriarchen von Konstantinopel mit Sitz in Istanbul Bartholomaios I. muss immer wieder vor Gericht gehen, um eine Rückgabe konfiszierter Grundstücke oder Gebäude zu erzwingen. Bisher sind die Anstrengungen des Patriarchats allerdings immer erfolglos geblieben.

Außerdem ist es für die christlichen Gemeinden schwierig, eine Arbeitserlaubnis für ausländische Geistliche zu erhalten. Laut Gesetz müssen der Patriarch und die Bischöfe, die ihn wählen, türkischer Staatsbürger sein. Doch es mangelt stark an Nachwuchs aus der Türkei. Das letzte griechisch-orthodoxe Priesterseminar auf der Insel Heybeli im Marmarameer wurde schon 1971 geschlossen, und so besteht keine Möglichkeit, Priester in der Türkei auszubilden.

Neben solchen und ähnlichen organisatorischen Problemen erfahren Christen auch Diskriminierungen im Alltag. In der Türkei enthalten noch immer viele Personaldokumente verpflichtende Angaben zur Religionszugehörigkeit. Für ehemalige Angestellte christlicher Kirchen sei es aus diesem Grund schwer, eine neue Beschäftigung zu finden, erläutert Felix Körner, Mitglied der Jesuitengemeinschaft in der türkischen Hauptstadt Ankara. "Das Atmosphärische ist nicht gesetzlich greifbar. Es herrscht Misstrauen gegenüber denen, die als die anderen wahrgenommen werden. Obwohl sie - die Christen und auch die Juden - immer integraler Bestandteil der türkischen Gesellschaft waren."