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Die Welt der Mythen und Legenden

Warum ist es für uns so wichtig, dass wir uns mit Mythen und Legenden beschäftigen? Die Antwort darauf lautet: Weil wir es uns einfach nicht leisten können, die seltene Gelegenheit ungenutzt zu lassen, in die geheimsten Gedanken der Menschheit einzudringen. Denn Mythen und Legenden verkörpern eine universelle menschliche Erfahrung. Sie entstanden zu verschiedenen Zeiten an unterschiedlichen Orten als Erklärung für die Probleme, mit denen sich die Menschen konfrontiert sahen. Zu den wichtigsten Themenkreisen zählen: der Sinn des Lebens, Liebe und Fruchtbarkeit, Tod und das Leben nach dem Tod, das Verhältnis der Menschen zu den Göttern, Magie und Macht, Schicksal, Krieg, Unglücks- und Zufälle, die Schöpfung und die Beschaffenheit des Universums. 

In der modernen Industriegesellschaft gibt es so gut wie keine Mythen und Legenden mehr. Sie existieren nur noch als Geschichten vergangener Generationen, an die man sich nur ungenau erinnert. In anderen Teilen der Welt ist die Mythologie jedoch immer noch sehr lebendig, beispielsweise in der religiösen Tradition Indiens. Dort werden die Geschichten über die großen Gottheiten immer wieder erzählt und sollen dazu dienen, den hinduistischen Glauben besser zu verstehen. Fast alle Religionen haben einen mythologischen Hintergrund, der auf vorausgegangenen Glaubensrichtungen beruht. So stellt beispielsweise die Gestalt von Satan, dem Teufel der Christen, eine enge Verbindung zu alten mesopotamischen Gottheiten her. Satan wird von den Christen als Symbol des Bösen schlechthin angesehen.  

Die vielfältigen Ereignisse und die Beschreibungen in den Mythen lassen uns tief in die menschliche Seele blicken. Und die Experten sind sich keineswegs einig, wenn es um Erklärungen dafür geht. Nach C. G. Jung (1876 - 1961) verfügt jeder Mensch über ein persönliches und ein kollektives Unbewusstes. Das persönliche Unbewusste wird dabei geprägt von individuellen Erfahrungen, während das kollektive Unbewusste das geistige Erbe der gesamten Menschheit einschließt. Durch dieses gemeinsame Erbe vergangener Erfahrungen wurden, wie Jung argumentierte, die Archetypen oder Urbilder geschaffen, die uns „ein unbekanntes psychisches Leben bewusst machen, das einer weit zurückliegenden Vergangenheit angehört. Dieses Seelenleben ist das Gedankengut unserer längst nicht mehr existierenden Vorfahren, (es ist) die Art und Weise, wie sie sich das Leben, die Welt, die Götter und die Menschen vorstellten.“  

Jungs hochinteressante, aber unbewiesene Theorie geht davon aus, dass die meisten großen Mythen, die bis heute überlebt haben, mit fast hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit entstanden, kurz bevor sich unsere Zivilisation herausbildete. So findet sich beispielsweise das Urbild der Fruchtbarkeitsgottheit in prähistorischen Bildwerken, die die Muttergottheit zeigen. Diese Statuen zeigen durch ihre überdimensionalen Brüste, Hüften und Gesäße deutlich, was man in den Muttergottheiten verehrte. Denn ohne fruchtbare Frauen konnte keine Gruppe von primitiven Jägern und Sammlern überleben.

Später tauchte dann zusammen mit dieser Muttergottheit eine weitere Figur auf: ihr Sohn und Gemahl. In den Städten des alten Mesopotamien, die ab 2600 v. Chr. entstanden, bildete die Verehrung der Fruchtbarkeitsgöttin und ihres sterbenden und wieder auferstehenden Gefährten den Mittelpunkt der Religion. Die frühen  Bauern, die die Felder außerhalb der Stadtmauern bestellten, wussten um das
Keimen, das Wachsen und das Sterben der Pflanzen und kannten sich in der Viehzucht aus. Ihre Kenntnisse und Ängste schlugen sich in der Geschichte der Göttin Inanna und ihres unglücklichen Gatten nieder. Diese Göttin der Liebe und ihre Schwester, die Göttin des Todes, symbolisieren nichts anderes als die zwei Seiten der Wirklichkeit - Licht und Dunkelheit, Gut und Böse, weiches Fleisch und unfruchtbarer Staub.

Eine Figur, halb Mann, halb Tier, die an den Wänden von Höhlen oder als Steinfigur erhalten ist, stellt einen weiteren Archetypus der Urzeit dar. Bilder von Männern mit Hirschgeweihen erscheinen in so weit auseinanderliegenden Ländern wie Frankreich und Australien, Kanada und China. Diese Geisterwesen halfen wohl bereits den frühen Jägern und haben bei den Indianern Nord- und Südamerikas sowie den Völkern
im nördlichen Teil Asiens bis heute überdauert.

Die engsten Beziehungen zwischen allen Lebensformen bildeten sich aber im Nilta heraus, denn die alten Ägypter sahen die ganze Welt als lebende Einheit. JedeKreatur war dabei Teil einer Lebensgemeinschaft, die von der höchsten Gottheit biszum niedersten Insekt alle einschloss.

Das alte Ägypten beeindruckte die Griechen der Antike derart, dass sie es als die 70 Wiege der meisten Erfindungen und Ideen ansahen. Bereits vor 525 v. Chr. reiste der griechische Philosoph und Mathematiker Thales von Milet nach Ägypten, um dort die Methoden der Landvermessung zu studieren. Der Historiker Herodot bemerkte später, dass auf diese Art möglicherweise die Geometrie entstand und später nach Griechenland kam. Ob dies nun tatsächlich zutrifft oder nicht - diese Reise markierte in jedem Fall einen Wendepunkt im Denken der Menschen. Denn Thales hatte damit begonnen, sich an dem zu orientieren, was er wirklich sah - ohne Rücksicht auf die damaligen Ansichten über das Wesen der Götter.

Heute schätzen wir die Erkenntnisse, die wir durch das Studium der menschlichen Psyche gewinnen können; und dazu gehören auch die Schlüssel, die uns unser Wesen verstehen lassen und die uns Jungs Archetypen liefern.

(Aus: Arthur Cotterell, Die Welt der Mythen und Legenden. S. 5 ff. Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf., München

1990.)
798 Wörter, 5520 DZ  

Fragen zum Text: Die Welt der Mythen und Legenden 

1. Welche Grundlage für die Entstehung von Mythen und Legenden gibt der Text an?

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2. Nennen Sie mindestens 4 Themenkreise von Mythen und Legenden!

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3. Nennen Sie mindestens 2 im Text genannte Regionen der Welt, in denen Mythen und Legenden auch
heute noch eine wichtige Rolle spielen!
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4. Ergänzen Sie die fehlenden Wörter:
„Bei jedem Individuum findet man ein ...................... und .......................... Unbewusstes. Ersteres
ergibt sich aus den ........................... .............................., während letzteres das ........................
.................. ………….. der Menschheit umfasst.“

5. Ergänzen Sie die Definition:
Archetypen sind ........................, die ein unbekanntes ........................ Leben bewusst machen, das
zu einer sehr frühen .............................. gehört. Sie bringt uns das ................... unserer in Vorzeiten
lebenden Urahnen, ihre ............................. vom Leben, der Welt, den Göttern und den Menschen
nahe.  

6. Nennen Sie das Urbild der prähistorischen Fruchtbarkeitsgottheit und dessen Merkmale:
Fruchtbarkeitsgottheit                                                      Merkmale
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7. In welchen Ländern findet man Darstellungen und Figuren mit Hirschgeweihen und was symbolisieren
sie?
Länder                                                                        Symbolik

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8. Welche Ansicht vertraten die Griechen der Antike über das alte Ägypten?

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9. Weshalb reiste Thales von Milet nach Ägypten?

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10. Warum bezeichnet man diese Reise als Wendepunkt im Denken der Menschen?

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