In der Mensa

Sie gehören zum Universitätsleben wie Vorlesungen und Seminare: die 

Mensen. Für vergleichsweise wenig Geld können Studenten dort essen. 

Angebot und Speisenauswahl haben sich im Lauf der Jahrzehnte verändert.

O-Töne:

„Eine kleine Suppe, bitte. / Kleine Suppe. / 4,90.“

Sprecher:

Der syrische Student Mohamad Inalo steht an der Essenstheke in der Mensa der Universität Bonn. Zu seiner Suppe wählt er noch ein Gemüsegericht und als Nachtisch einen Obstsalat 

aus. Das alles kostet ihn 4,90 Euro. Die ersten Mensen wurden in Deutschland um 1920 herum meist von studentischen Selbsthilfeorganisationen gegründet, um ärmere Studenten 

zu versorgen. Aus diesen Organisationen sind später die Studentenwerke entstanden. Der Begriff „Mensa“ ist dem Lateinischen „mensa academica“ entlehnt, was wörtlich übersetzt „akademischer Mittagstisch“ bedeutet. Nach Angaben des Deutschen Studentenwerks, des Dachverbands aller Studentenwerke, gibt es an den 300 Hochschulen in Deutschland 700 

Cafés, Mensen und andere Bereiche, in denen Studenten essen und trinken können. 300.000 Kilogramm Lebensmittel werden in den Hochschulkantinen verarbeitet – jeden Tag. Die durchschnittlichen Preise sind niedrig, sie liegen bei 2,14 Euro. Die meisten Mensen praktizieren inzwischen das Prinzip des „Free Flow“: Jeder wählt die Bestandteile seiner Mahlzeit selbst aus. Früher gab es in der Regel festgelegte Speisenkombinationen, 

sogenannte Menüs. Nicht leicht ist es allerdings, in der Mittagszeit zwischen zwölf und ein Uhr einen freien Sitzplatz zu finden. Das wissen auch Jenny und ihre Freundin, die an der 

Universität Dortmund studieren. Sie haben heute aber Glück:

Jenny:

„Es war hier direkt frei, als wir gekommen sind. Da konnten wir uns direkt hinsetzen. Und wenn man zu zweit ist, dann geht’s noch – oder alleine. Aber ansonsten mit vier Leuten oder so, dann schon Plätze zu finden, ist dann echt schwierig.“

Sprecher:

Jenny erzählt, dass es nicht leicht sei, mit einer größeren Gruppe einen Platz in der Mensa zu finden, für ein oder zwei Personen ist das schon eher möglich. Noch mehr Platzmangel 

entsteht dann, wenn Universitäten wegen des sogenannten doppelten Abiturjahrgangs mehr Studentinnen und Studenten als gewöhnlich unterbringen müssen. Beim doppelten 

Abiturjahrgang machen zwei Schülerjahrgänge gleichzeitig Abitur, weil die zuständigen Minister der Bundesländer im Jahr 2008 beschlossen haben, die Schulzeit von 13 auf zwölf 

Jahre zu verkürzen. Manche Universitäten haben sich darauf eingestellt und ihre Mensa umgebaut, manchen fehlen aber das Geld und der Platz für einen Aus- oder Umbau. Günther Remmel, Sprecher der nordrhein-westfälischen Arbeitsgemeinschaft der Studentenwerke, sagt, dass man manchmal Kompromisse machen muss: 

Günther Remmel:

„Wir lösen das dann notfalls durch so Sachen, die nicht schön sind und die natürlich auch unseren grundsätzlichen Vorstellungen von Ernährungsgewohnheiten entgegenstehen. 

Aber dann wird notfalls auch ‘n Imbisswagen oder ‘n Pizzaautomat oder so was zusätzlich aufgestellt, nur damit die Studierenden auf jeden Fall was zu essen kriegen mittags, oder kriegen können.“

Sprecher:

Falls notwendig bietet eine Universität Studenten die Möglichkeit, sich einen Imbiss an einem extra aufgestellten Fahrzeug oder eine fertige Pizza aus einem Automaten kaufen zu 

können. Diese Gerichte entsprechen nicht der heutigen Vorstellung von einer gesunden Ernährung. Sie unterstützen laut Günther Remmel eher schlechte 

Ernährungsgewohnheiten, da solche Gerichte sehr fett und vitaminarm sind. HansRudolf Hascher, der frühere Chef der Bonner Mensa, erinnert sich noch sehr gut an die Anfangszeit:

Hans-Rudolf Hascher: 

„Vor 40 Jahren, da gab‘s hauptsächlich Salz und Pfeffer und Zwiebeln – hat aber auch nicht schlecht geschmeckt. Wenn man sich mal vorstellt, dass wir vor 30 Jahren noch jeden Tag mindestens fünf- bis sechshundert Kilogramm Fleisch benötigt haben, jeden Tag, an sechs Tagen in der Woche – das hat sich erheblich verändert. Die Essgewohnheiten haben sich da total verändert.“

Sprecher:

Zu Beginn der 1960er Jahre wurde in den Mensen noch ohne große Vielfalt gekocht. Zum Würzen wurden Hans-Rudolf Hascher zufolge meist nur Salz, Pfeffer und Zwiebelnverwendet. Außerdem wurde sehr viel Fleisch verarbeitet. Gegen den hohen Fleischkons umsetzte sich unter anderem auch die Umweltbewegung der 1970er Jahre ein. Sie unterstützte Forderungen von Tierrechtlern, auf Fleisch zu verzichten. Stattdessen sollten die Menschen 

sich vegetarisch, also pflanzlich, oder sogar vegan ernähren –das bedeutet, auf alles zu verzichten, was von Tieren stammt, wie beispielsweise Eier, Milch, Honig. Vegetarisch oder gar vegan zu kochen, erschien Hans-Rudolf Hascher damals undenkbar. Er und sein Team stellten sich dennoch der Herausforderung – was gar nicht so einfach war, wie er erzählt: 

Hans-Rudolf Hascher: 

„Alles, was wir probiert haben, ging nicht, weil wir kamen mit den Portionen nicht zurecht, wir kamen mit den Mengen nicht klar, wir haben die Öfen nicht gehabt, wo man das mal 

hätte machen können – und es gab dann so ‘n Haufen vegetarische Aufläufe halt erst mal. Vegan Kochen ist wirklich ‘ne Menge Arbeit. Das ist alles Handarbeit, da ist nichts 

aus irgendeiner Tüte. Man muss komplett umdenken: Es gibt keine Butter in der Sauce, es gibt keine Sahne in der Sauce, es gibt nur Pflanzliches.“

Sprecher: 

Die ersten vegetarischen Gerichte gelangen nicht so richtig, wie der frühere Mensachef sagt. Ein Grund war, dass die Köche mit den Essensmengen Probleme hatten. Sie kamen mit  

ihnen nicht klar. Die Köche beschränkten sich dann erst einmal auf mehrere verschiedene Aufläufe, Gerichte, die im Backofen gebacken werden. Hans-Rudolf Hascher drückt die undefinierte Anzahl mit der umgangssprachlichen Redewendung „so ein Haufen“ aus. Außerdem benutzt er die in der Alltagssprache sehr gängige Satzstellung, nach „weil“ oder 

„obwohl“ den Nebensatz in einen Hauptsatz umzuformulieren. Das Verb steht hier nicht an letzter Stelle, sondern hinter dem Subjekt an zweiter Stelle. An der Mensa vegan zu kochen, 

ist aufwendig. So dürfen keine Zutaten aus der Tüte, also Fertigprodukte, verwendetwerden, weil diese sehr oft auch Bestandteile, sogenannte Spuren, von tierischen Produkten

enthalten. Wenn gekocht wird, müssen pflanzliche Zutaten verwendet werden, also statt Sahne zum Beispiel Sojacreme. Die Köche mussten ihr Kochverhalten völlig ändern, sie 

mussten komplett umdenken. Die Handarbeit, wie Hans-Rudolf Hascher sagt, hat ihren Preis. Ein veganes Gericht kostet rund 3,50 Euro. Mittlerweile gibt es nach Angaben 

des Deutschen Studentenwerks in jeder Mensa vegetarisches Essen. In Berlin existiert sogar eine rein vegetarische Mensa. Manche Mensen bieten auch Gerichte an, die „halal“ sind, die in Übereinstimmung mit islamischen Regeln hergestellt und zubereitet sind. Rund ein 

Viertel aller Studenten geht allerdings nach Angaben des Deutschen Studentenwerksüberhaupt nicht in Mensa. Das wären 2012 etwa 620.000 der fast 2,5 Millionen Studenten

gewesen. Ein Grund sei, so das Studentenwerk, dass nicht alle mit dem Angebot zufrieden sind. Mohamad Inalo und Jenny können das nicht nachvollziehen. Ihre Teller sind 

leergegessen:

Mohamad Inalo / Jenny:

„Das schmeckt toll – auch richtig gesalzen. / Das Essen war lecker. Der Preis ist auch okay.“