In Deutschland liegt Kochen im Trend: Kochsendungen in Fernsehen und Radio, Bühnenshows von Köchen und Kochseiten im Internet stoßen auf großes Interesse. Wer noch mehr wissen möchte, besucht eine Kochschule.
Früher war die deutsche Küche relativ einseitig. Noch in den 1970er-Jahren beschränkte sie sich meist auf gute deutsche Hausmannkost: Rouladen, Frikadellen, Sauerkraut und Kartoffelsuppe – allenfalls mal Spaghetti mit Hackfleischsoße. Und Kochen war eher eine Notwendigkeit als ein Hobby. Auch die Rollenverteilung war klar: In der Regel kochten zu Hause die Frauen. Das hat sich stark geändert. Kochen heute kennt keine Rollenverteilung mehr, denn auch Männer kochen, ohne dass es als unmännlich angesehen wird. Kochen heute ist international – je ausgefallener, umso interessanter. Und diese veränderte Einstellung zum Kochen sorgt dafür, dass sich Kochsendungen im deutschen Fernsehen und im Radio großer Beliebtheit erfreuen und auch das Angebot an Kochkursen stark gewachsen ist. Mancher Koch – wie der Berliner Stefan Dadarski – machte sein Hobby zum Beruf. Dabei wollte er zunächst etwas anderes machen, erzählt er:
 
„Ich bin halt leidenschaftlicher Koch, obwohl ich kein gelernter Koch bin. Ich bin Musikwissenschaftler. Hab dann irgendwie so eigentlich neben dem Studium angefangen, zu kochen, weil ich Geld brauchte. Und das war ‘ne ganz neue Welt gewesen, wo man plötzlich einfach dasteht in so ‘ner riesengroßen Restaurantküche, und sieht so: Das ist Kokosmilch, das ist Ingwer, das ist Zitronengras. Und das ist gedämpfter Wolfsbarsch oder so. Und das war nicht so unbedingt so toll, als ich dann mein Studium abgebrochen hab, um aus Leidenschaft weiter zu kochen, weil meine Eltern hätten lieber ‘neakademische Laufbahn gesehen für mich. Hab dann aber gesagt: ‚Ne, das passt mir mehr.‘ Und dann kam eben, in Thailand hab ich’s gesehen mal, da gibt’s auf jeder größeren Ferieninsel, gibt’s ‘ne Kochschule. Ich hab gesagt: ‚Das ist fantastisch.‘“
 
Weil Stefan Dadarski während seines Studiums Geld brauchte, nahm er einen Aushilfsjob in einer großen Restaurantküche an. Dort eröffnete sich für ihn – wie er es ausdrückt – eine neue Welt, etwas, das er bislang nicht kannte. Stefan Dadarski lernte exotische Zutaten und Gewürze ebenso kennen wie unbekannte Gerichte. Dazu gehörten Kokosmilch, die trinkbare Flüssigkeit aus dem Inneren der Kokosnuss, Ingwer, die scharf schmeckende Wurzel der Ingwerpflanze, und Zitronengras, die stark nach Zitronen riechenden Blätter einer Pflanze, sowie gedämpften Wolfsbarsch, einen Speisefisch mit zartem, grätenarmem Fleisch, der mit Wasserdampf gegart wurde. Eigentlich hatte er Musikwissenschaft studiert, brach sein Studium aber ab, beendete es nicht – und das gegen den Widerstand seiner Eltern. Denn die hatten sich für ihren Sohn eine akademische Laufbahn vorgestellt, eine universitäre Ausbildung mit einem entsprechenden Abschluss. Obwohl Stefan Dadarski kein gelernter Koch ist, also keine entsprechende mehrjährige Ausbildung gemacht hat, wagte er den Schritt, sich als Koch selbstständig zu machen. Er reiste zunächst durch die Welt, und bei einem Aufenthalt in Thailand kam ihm die Idee für eine Kochschule. In Berlin sondierte, untersuchte, er den Markt, ob eine solche Kochschule Erfolg haben könnte. Er stellte fest, dass für eine weitere Kochschule Platz ist. Im Frühjahr 2003 eröffnete er daher seine „Kochschule Mitte“. Ausgefallen ist das meiste, das bei Stefan Dadarski auf den Tisch kommt. Ein Stil, der sich als „Fusionsküche“ etabliert hat. Diese Küche vereint – daher der englische Begriff „Fusion“ – Esskulturen und Kochkünste einheimischer und ausländischer Küchen, zum Beispiel aus Marokko, Indien, Thailand, den USA und Italien. Was für Stefan Dadarski wichtig ist, ist der gemeinsame Spaß am Kochen. Sein Konzept kommt an bei Jung und Alt, wie er sagt:
 
„Zu mir kommen vom 17-Jährigen, der das von den Eltern geschenkt bekommt – weil von wegen: ‚Du Filius, du musst demnächst ausziehen und ‘ne eigene Wohnung haben. Du musst dich selbst ernähren können‘ – bis hin zum Rentner. Für die ist es teilweise eben auch ‘n Ersatz fürs fehlende Sozialleben. Ansonsten sind’s einfach kulinarisch Interessierte, die sagen: ‚Ich kann schon kochen, ich würd mich gern noch weiterbilden.‘ Oder eben Leute, die sich wirklich sagen: ‚Sorry, ich hab’s nicht gelernt. In meinem Elternhaus wurde auch nicht so toll gekocht. Ich find’s bloß interessant, manchmal, wenn ich essen gehe im Restaurant, da sehe ich diese und diese Soße oder schmeck das: ‚Das würd ich auch gern auch mal können.‘“
 
Stefan Dadarskis Kunden sind sehr heterogen, sehr verschieden. So schenken Eltern ihrem beinahe erwachsenen Sohn einen Kochkurs als Hinweis darauf, dass der Sohn doch bald ausziehen sollte. Er drückt das scherzhaft durch den lateinischen Begriff „Filius“ für „Sohn“ aus. Es kommen aber auch alleinlebende Rentner, die wenig Kontakt zu anderen Menschen haben, denen ein Sozialleben fehlt. Eine dritte Gruppe ist die der kulinarisch Interessierten, also derjenigen, die den Genuss guten Essens lieben, die Kochkunst zu schätzen wissen und noch mehr dazulernen wollen. Selbstkochen ist meist auch nicht mehr so aufwändig wie früher, schmeckt aber trotzdem, sagt Stefan Dadarski:
 
„Es gibt ja mittlerweile doch schon gut vorbereitete Sachen, also frische Produkte. Wenn ich ‘ne Hähnchenkeule essen will, dann muss ich mir nicht ‘n ganzes Hähnchen kaufen und das selber entbeinen, sondern ich brauch mir bloß irgendwie ‘ne ordentliche Marinade machen. Irgendwie ‘n bisschen Zucchini, Zwiebel oder et cetera dazu, und dann das in den Ofen schieben, und dann ist es gar kein Problem. Und ich brauch nicht irgendwie diese Soße nehmen, aufschneiden, einrühren, zuschauen, wie es dick wird.“
Wer etwas Leckeres kochen will, findet Produkte vor, die schon vorbereitet sind. Es sind aber keine Fertigprodukte wie Soßen aus der Tüte, die nur noch angerührt werden, um fester, dick, zu werden. Stefan Dadarski nennt als Beispiel ein Hähnchen. Wer beispielsweise, irgendwie, nur die Keule, den Beinschenkel, für sein Gericht braucht, muss nicht mehr ein ganzes Hähnchen kaufen und es entbeinen, also die Keule abtrennen. Einzelne Hähnchenkeulen gibt es schon fertig zu kaufen, ebenso wie beispielsweise Hähnchenfilets, das zarte Stück Fleisch ohne Knochen. Der Koch bereitet dann für diese Keule nur noch eine ordentliche, leckere, Marinade zu. Das ist eine Flüssigkeit etwa aus Öl, Essig und Gewürzen, in die Fleisch oder Gemüse vor dem Kochen oder Braten gelegt wird. Dann wird die Hähnchenkeule – zusammen mit der Marinade und Gemüse wie Zucchini – in eine sogenannte Auflaufform gegeben und zum Fertiggaren in den Backofen gestellt, in den Ofen geschoben. Obwohl er Produkte gut findet, die einem Koch die Arbeit erleichtern, sind für Stefan Dadarski aber zwei Punkte sehr wichtig:
 
„Wir sind halt so als Deutsche, dass wir doch lieber irgendwie mehr für unser Liebstes – das Auto – ausgeben und dann lieber die Salami kaufen, die irgendwie bis 0,59 und nicht 1,29 Euro kostet, die 100 Gramm im Supermarkt. Das ist Schnäppchenkultur. Das ist eigentlich ‘n ganz fürchterlicher Trend. Und vor allen Dingen sollte man doch drauf achten, dass es halt, ja, ‘ne zunehmende Convenience-Ernährung gibt, dass halt auch selbst in den Werbungen also ganz toll vermittelt wird, dass ich mich ganz fantastisch toll ernähren kann. Und ich sag mal so: Wenn man ‘n paar Basics mal irgendwie gelernt hat, wie man sich eben ‘n einfaches Essen zubereiten kann. Das schafft jeder zu Hause in ‘ner Viertelstunde mit ‘n bisschen Übung, sich was Leckeres zu machen.“
 
Viele Deutsche sind laut Stefan Dadarski nicht bereit, für qualitativ hochwertige Lebensmittel auch einen entsprechenden Preis zu zahlen. Es herrscht eine Schnäppchenkultur, eine Einstellung, Dinge möglichst preiswert zu bekommen. Für den Koch ist das ein fürchterlicher Trend, eine schlimme Entwicklung. Was ihm auch nicht gefällt, ist die sogenannte „Convenience“-Ernährung, also industriell gefertigte, weitgehend schon zubereitete Gerichte. Dabei kann jeder es schaffen, sich etwas Leckeres auch selbst und in kurzer Zeit zu kochen, so die Auffassung von Stefan Dadarski. Dafür braucht man nur ein paar Basics, einige Grundlagen, die beim Kochen wichtig sind. Jeder und jede kann also mit den entsprechenden Grundlagen redensartlich etwas Leckeres auf den Tisch zaubern, etwas kochen, das schmeckt. Kochen ist keine Kunst und kann gelernt werden.
 

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