In Deutschland wird in Zukunft die Zahl der Senioren steigen. Für Werbemanager werden sie eine wichtige Zielgruppe sein. Senioren wollen sich in Werbung aber wiederfinden. Wie sollte sie aussehen?

Sprecher:
Seit den 1970er Jahren werden in Deutschland jedes Jahr weniger Babys geboren, als Menschen sterben. Gleichzeitig steigt die Lebenserwartung von Seniorinnen und Senioren, also von Frauen und Männern, die 65 Jahre und älter sind. In Fernseh-, Zeitungs- und Zeitschriftenwerbung tauchen sie eher selten auf, und wenn sie gezeigt werden, dann vor allem in der Oma- oder Opa-Rolle, gemütlich im Sessel sitzend und Bonbons an die Enkel verteilend. Jungsein ist „in“ – auch in der Werbung. Zu sehen sind dort hauptsächlich junge, schöne Menschen, die fröhlich konsumieren. Dabei sind ältere Menschen für Werbestrategen eine wichtige Gesellschaftsgruppe, wenn man die Bevölkerungsentwicklung berücksichtigt. In der Werbeindustrie hat man das inzwischen auch erkannt, sagt Vera Gerling, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Dortmund:

Vera Gerling:
„Der Seniorenmarkt ist ein jüngeres Phänomen, weil man erst so um die 2000-Wende erkannt hat, dass ältere Menschen eben zunehmend einen Markt darstellen, anders konsumieren als früher. Früher war es so, dass man dem Seniorenmarkt eher die Bereiche ‚Geriatrika‘ oder ‚Sanitätshausprodukte‘ zugeordnet hat. Und in den letzten Jahren ist es wirklich ‘n Bereich geworden, der sehr stark expandiert ist und eben auch in der Öffentlichkeit und auch bei den Unternehmen einfach ‘nen großen Stellenwert bekommen hat.“

Sprecher:
Vera Gerling beschäftigt sich am Institut für Gerontologie mit der Wissenschaft vom Altern. Sie hat festgestellt, dass die Werbeindustrie Senioren erst mit dem Jahrtausendwechsel, der Wende zum Jahr 2000, als Zielgruppe erkannt hat. Es ist ein jüngeres Phänomen. Zwar sei bereits vor der Jahrtausendwende Werbung für Senioren gemacht worden, allerdings überwiegend nur mit spezifischen Produkten wie Geriatrika oder Dingen, die man nur im Sanitätshaus bekommt. Geriatrika – Singular Geriatrikum – sind Mittel besonders für einen alten Menschen, mit denen er seine körperliche und geistige Leistung steigern kann. „Sanitätshaus“ ist die Bezeichnung für ein Geschäft, das Hilfsmittel wie zum Beispiel Bandagen, Rollstühle oder Gehhilfen vor allem für Kranke oder behinderte Menschen verkauft. Seit der Jahrtausendwende haben Werbemanager erkannt, dass es außer diesen Produkten auch andere gibt, die für Senioren interessant sein könnten. Senioren als „Werbesubjekte“, als Zielgruppe, sind sehr wichtig geworden, sie haben einen großen Stellenwert bekommen. Seit das erkannt wurde, wächst der Markt, er ist stark expandiert. Zufrieden ist Alexander Wild, Gründer eines Onlineportals für ältere Menschen, mit der Werbung für Senioren allerdings nicht. Denn sie wollen weder in klischeehafte Oma- und Oparollen gedrückt werden, noch wollen sie das Gefühl vermittelt bekommen, alt zu sein. Wie aber soll man sie dann ansprechen? Für Alexander Wild muss die Werbung dabei eins erfüllen:

Alexander Wild:
„Sie sollte nicht beleidigend sein. Man hat‘s ja öfters, dass irgendwo Motive dargestellt werden, wo ältere Menschen in vermeintlich witzigen Situationen gezeigt werden, aber die eher diskriminierend wirken. Von der Sparkasse gab’s mal so ‘ne Werbung mit ‘nem Senior, der am Krückstock irgendwie ‘nen Luftsprung ausführt. Also, das ist dann völlig daneben.“

Sprecher:
Werbestrategen sollten laut Alexander Wild darauf achten, dass sie im Bestreben, witzig zu sein, ältere Menschen nicht herabwürdigen, sie diskriminieren. Es gebe manchmal Werbeszenen, Motive, in denen eine Situation dargestellt werde, die von den Werbemachern nur für witzig gehalten werde, die vermeintlich so sei. Alexander Wild nennt als Beispiel eine Werbung, in der ein Senior mit einer Gehhilfe, einem Krückstock, vor Freude einen Luftsprung macht. Diskriminierend und unpassend, völlig daneben, ist sie deshalb, weil sie die Probleme älterer Menschen nicht ernst nimmt und unterstellt wird, dass Senioren grundsätzlich mit einer Krücke unterwegs sind. Diese Werbung stammte von dem größten öffentlich-rechtlichen Bankinstitut in Deutschland, der Sparkasse. Inhaber, sogenannte Träger, der Sparkassen sind Städte, Gemeinden oder Landkreise. Von privatwirtschaftlichen Banken unterscheiden sie sich darin, dass sie nicht gewinnorientiert handeln müssen. Sie sind der Gesellschaft, dem „Gemeinwohl“, verpflichtet. Eine Werbung, die für alle Senioren passt, gibt es wohl nicht, denn die Gruppe ist sehr unterschiedlich, sehr heterogen. Eines gilt aber wohl für viele Senioren: Sie sind aufgrund ihrer Lebenserfahrung kritischer als jüngere Menschen. Worauf Werbestrategen darüber hinaus noch achten müssen, sind die Veränderungen, die der Alterungsprozess körperlich mit sich bringt, meint Alexander Wild:

Alexander Wild:
„Zum Beispiel, dass sich die Sichtweise ändert, also, die Augen werden ja so ‘n bisschen trüb, also, man kriegt so ‘n leichten Gelbstich. Das heißt, grelle Farben kommen nicht so gut an. Und was halt auch wichtig ist: Die Informationsverarbeitung im Alter ändert sich ja. Das heißt also, komplexe Werbung kann nicht mehr so schnell wahrgenommen werden.“

Sprecher:
Viele ältere Menschen sehen nicht mehr so gut: Die Augenlinse trübt sich ein, und mit zunehmendem Alter färbt sie sich gelblich. Sie bekommt einen Gelbstich. Das Wort „Stich“ in Kombination mit einer Farbe bedeutet, dass die eine Farbe die leichte Färbung einer anderen bekommt. Darüber hinaus können ältere im Gegensatz zu jüngeren Menschen vielschichtige, komplexe, Informationen, nicht so schnell verstehen, sie verarbeiten. In Ländern wie Japan und den USA ist die Wichtigkeit des Themas „alternde Bevölkerung“ schon eher erkannt worden als in Deutschland. In Japan wurden besondere Programme für Senioren ins Leben gerufen. Nach Ansicht von Vera Gerling gibt es allerdings noch einen weiteren Grund:

Vera Gerling:
„Dass es in Japan natürlich auch ganz andere Voraussetzungen gibt, was beispielsweise die Technikakzeptanz angeht, Stichwort Pflegeroboter. Die sind ja in Japan viel akzeptierter als hier. Hier steckt das ja alles noch in den Kinderschuhen.“

Sprecher:
Anders als Deutsche akzeptieren Japaner nach Ansicht von Vera Gerling eher den Einsatz von Technik in ihrem Lebensalltag. Dazu gehöre auch, dass nicht unbedingt eine menschliche Pflegekraft einem Hilfsbedürftigen helfe, den Alltag zu bewältigen, sondern ein Pflegeroboter. Das Thema stecke noch in den Kinderschuhen. Diese sehr gängige Redewendung wird immer dann verwendet, wenn etwas noch am Anfang steht, noch nicht richtig entwickelt ist, wie ein Kind, das aus seinen Schuhen noch nicht herausgewachsen ist. Auch in den USA hätten alte Menschen einen anderen Stellenwert als in Deutschland, sagt Alexander Wild:

Alexander Wild:
„Da ist auch generell das Bild des Alterns anders. Ältere werden dort anders wahrgenommen als in Europa. Also in Deutschland hat man ja direkt ‘n Stigma, wenn man alt ist, und in Amerika ist das eher positiv belegt.“

Sprecher:
Das Thema „Alter“ sei in den USA mit positiven Eigenschaften verbunden, es sei positiv belegt. In Deutschland sei es dagegen ein Stigma, ein negatives Merkmal, wenn jemand alt sei, sagt Alexander Wild. Um Senioren hierzulande als Kunden zu gewinnen, muss nicht nur in der Werbung, sondern auch in der Produktion und in den Geschäften auf sie eingegangen werden. Wie wissenschaftliche Studien zeigen, wollen sie beispielsweise Verpackungen mit lesbarer Schrift, die sich gut öffnen lassen, Lupen an Einkaufswagen und eine angenehme Einkaufsumgebung. Und dafür sind sie meist sogar bereit, höhere Preise zu bezahlen. Angesichts der demografischen Entwicklung wird beim Thema „Senioren“ ein Umdenken nötig sein, nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch in der Wirtschaft.

配套练习及原文下载请戳>>>>

欢迎收听更多日常德语听力>>>>

声明:沪江网高度重视知识产权保护,发现本网站发布的信息包含有侵犯其著作权的链接内容时,请联系我们,我们将做相应处理。