Kann das Gefühl, glücklich und mit dem Leben zufrieden zu sein, statistisch gemessen werden? Deutsche Wissenschaftler haben dafür eine Methode entwickelt. Ihre Daten fließen in einen „Glücksatlas“ ein.

Für jeden Menschen bedeutet es etwas anderes: glücklich zu sein, Glück im Leben zu haben, mit seinem Leben rundum zufrieden zu sein. Schon die griechischen Philosophen der Antike, allen voran Aristoteles, gingen der Frage nach, was mit dem Begriff „Glück“ gemeint ist und wie man es erreichen kann. Die moderne Glücksforschung begann in den 1940er Jahren in den USA, wurde aber wenig beachtet. Erst in den 1960er Jahren versuchten Soziologen und Psychologen mittels empirischer Daten festzustellen, was Menschen glücklich macht. In Deutschland wird seit 2010 ein sogenannter „Glücksatlas“ veröffentlicht. Er gibt unter anderem Auskunft darüber, wie glücklich die Deutschen insgesamt sind, wo die glücklichsten, aber auch die unglücklichsten Deutschen leben und warum das so ist. Die Daten basieren im Wesentlichen auf dem sogenannten Sozio-oekonomischen Panel, kurz SOEP. Das ist eine repräsentative Befragung einer festgelegten Anzahl von Personen, die jährlich zu ein und demselben Thema befragt werden. Für den „Glücksatlas“ sind das mehr als 18.000 Personen. Dabei werden nicht nur Fragen nach dem Einkommen und der Arbeitssituation, sondern auch zur Lebenszufriedenheit allgemein gestellt. Die Ergebnisse werden auf einer Skala von null für „ganz und gar unzufrieden“ bis zehn für „ganz und gar zufrieden“ eingestuft. Karl-Heinz Ruckriegel, Volkswirtschaftsprofessor an der Technischen Hochschule Nürnberg, sagt, dass nicht nur Soziologen an diesem Panel beteiligt sind:

„Das Sozio-oekonomische Panel ist quasi eine Gemeinschaftsarbeit von Ökonomen und Soziologen. Die Ökonomen damals haben aber starken Widerstand geleistet. Haben gesagt: ‚Ja, was wollt ihr mit diesen subjektiven Indikatoren. Die sagen doch nichts aus. Wichtig sind die ‚hard facts‘. Und da haben die Soziologen damals gesagt: ‚Okay, macht ihr euer Zeug, wir machen unser Zeug‘.“

Es brauchte einige Zeit, bis deutsche Soziologen und Wirtschaftswissenschaftler in der Glücksforschung zusammenarbeiten wollten. Laut Karl-Heinz Ruckriegel waren die Ökonomen der Meinung, dass nur „harte Fakten“, also objektiv nachweisbare Zahlen, wissenschaftlich haltbar sind. Allein auf dem persönlichen, subjektiven, Gefühl basierende Indikatoren, also hinweisende Daten, zählten nicht. Sie sagten nichts aus. Daher gingen beide Wissenschaftlergruppen zunächst getrennte Wege. Jede Gruppe machte, wie es Karl-Heinz Ruckriegel umgangssprachlich formuliert, ihr Zeug, „ihr Ding“. Jede Gruppe tat zunächst das, was sie für richtig hielt. Seit Mitte der 1980er Jahre arbeiten sie aber im SOEP zusammen. Die Daten des Sozio-oekonomischen Panels werden weltweit im Bereich der Glücksforschung genutzt. Das Gefühl der Lebenszufriedenheit – das meist als Synonym für Glück steht – wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Einer davon ist nach Angaben des Schweizer Ökonomen und Glücksforschers Bruno Frey das politische System:

„Wer in einer oppressiven Diktatur lebt, der ist nicht sehr glücklich. Das wird von den Psychologen und Psychiatern völlig vernachlässigt. Die Psychologen schauen halt, was in unserem Innern vorgeht. Aber die gesellschaftlichen Bedingungen für das Glück, das ist nicht ihre Sache.“

Menschen, die in oppressiven, unterdrückenden, politischen Systemen wie Diktaturen leben und dort keine Rechte haben, fühlen sich laut Bruno Frey unglücklich. Aber anders als Soziologen berücksichtigen Psychologen die Auswirkungen des politischen Umfeldes auf den Einzelnen nicht. Sie vernachlässigen diesen Aspekt. Es ist nicht ihre Sache, ihr Arbeitsgebiet. Neben diesem Faktor gibt es einen weiteren, der laut Bruno Frey eine Rolle spielt, ob sich jemand zufrieden fühlt:

„Das Materielle ist nicht unwichtig: Wer arm ist, auch wer in einem armen Land lebt, der ist nicht glücklich. Das zeigen alle Ergebnisse, die wir haben. Aber wenn man bereits ein hohes Einkommen hat und dann noch mehr Geld verdient, das steigert die Lebenszufriedenheit dann kaum.“

Bruno Frey stellt fest, dass arme Leute im Durchschnitt unglücklicher sind. Geld zu haben, das Materielle, spielt daher eine wichtige Rolle – allerdings nur bis zu einem gewissen Grad. Denn jemand, der mehr Geld hat, als er ausgeben kann, wird dadurch nicht glücklicher. Er kann seine Lebenszufriedenheit kaum mehr steigern. Darüber hinaus beeinflusst ein dritter Faktor das Gefühl, glücklich zu sein: soziale Kontakte. Menschen, denen Freundschaften und soziales Leben mehr bedeuten, als viel Geld zu haben, sind – so die Glücksforscher – zufriedener als Menschen, die Wert auf das Materielle legen. Mit Blick darauf, wie wichtig die Lebenszufriedenheit der Menschen für ein Land wie Deutschland ist, schlägt Professor Karl-Heinz Ruckriegel daher vor:

„Ich würd’ empfehlen, sich mal zu überlegen, Lebensqualität und Lebenszufriedenheit als Staatsziel ins Grundgesetz aufzunehmen, neben Tierschutz und Umweltschutz. Das heißt, dann müsste man sich mal überlegen, wie bestimmte Maßnahmen unter diesem Aspekt wirken.“

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